Ich hatte mal einen Chef mit zwei nervigen Macken: Entweder, er war nicht im Büro, wenn man ihn gerade brauchte. Oder: Wenn er ausnahmsweise doch da war, wollte er um Punkt 11.30 Uhr Mittagessen gehen. Da hatte ich gerade mal meine Frühstückssemmel halbwegs verdaut.
Ein arbeitsfauler Typ, der nur auf weltlichen Genuss aus war? Irrtum. Erstens: Der Mann hatte einfach etwas Besseres zu tun, als am Rechner rumzusitzen. Zweitens: Die Kantine war wirklich nicht die allerbeste. 😉
Am Schreibtisch hat man die besten Ideen. Nicht
Warum war mein Ex-Chef nur selten im Büro? Ganz einfach: Er war ein geborener Netzwerker (und ist es sicher bis heute). Er verließ seinen Schreibtisch so oft es ging, um sich mit anderen Menschen auszutauschen. Irgendwo anders in der Firma, auf diversen Veranstaltungen, bei einem Kaffee oder bei einem (hoffentlich besseren) Mittagessen im Restaurant. Danach kam er meistens mit einem bunten Strauß von kreativen Einfällen zurück. Die musste sein Team dann umsetzen. Damals habe ich definitiv gelernt: Wenn ich weiterkommen will, muss ich meinen Hintern bewegen und Kontakte knüpfen. 😉
Netzwerk oder Seilschaft?
„Über Ihre Karriere entscheidet Ihr Netzwerk und nicht Ihr Unternehmen“. So klärt die strippenziehende Bankenchefin, gespielt von Desirée Nosbusch (!), ihren weiblichen Zauberlehrling in der neuen und absolut sehenswerten Arte-Serie „Bad Banks“ auf.
Da ist viel Wahres dran. Allerdings ähnelt die Vorstellung der Dame vom Netzwerken eher dem altbekannten Klischee von der Seilschaft. Eine verschwiegene Gruppe also, die sich gegenseitig Pöstchen, Titel, Beförderungen und lukrative Deals zuschanzt oder illoyale Personen diskreditiert, in der Versenkung verschwinden lässt.
Beim Netzwerken geht es eben gerade NICHT darum, nur auf den eigenen Vorteil bedacht zu sein. Oder andere abzuschreiben, wenn sie sich nicht gleich revanchieren.
Ego-Netzwerken spricht sich mit der Zeit unter den Leuten herum und zahlt sich langfristig nicht aus. Gute Netzwerker dagegen wissen: Wenn ich andere aus Überzeugung aktiv unterstütze, kommt diese „Investition“ irgendwann zu mir zurück. Manchmal sogar aus einer ganz unerwarteten Richtung.
Beim Netzwerken geht es um Geben und Nehmen
Unser Netzwerk trägt uns – ob privat oder beruflich. Es ist enorm wichtig, das auch in schlechten Zeiten nie zu vergessen. Ein gutes Netzwerk fördert nicht nur Karrierechancen. Netzwerken ist heute unverzichtbar, um auf der Höhe der Zeit und damit erfolgreich zu bleiben, in dem was wir tun.
Ist ja alles schön und gut, denken Sie jetzt vielleicht. Aber im Beruf ist es nun mal nicht so einfach mit dem Netzwerken. Häufig hat es keine Prio — gerade wenn es um den Austausch innerhalb des Unternehmens geht. Nicht selten gilt das Motto: Hat die oder der nichts Besseres zu tun als in der Kaffeeküche rumzustehen? Netzwerken wird als Zeitverschwendung gesehen. Oder es hat eben das Geschmäckle von „Klüngeln“. Manchmal steckt man auch einfach in der täglichen Routine fest und schaut nicht mehr nach rechts und links.
Netzwerken im Unternehmen: Was sind die Vorteile?
Netzwerken unter „ferner liefen“? Das muss sich dringend ändern! Vernetztes Denken und Handeln gehört sogar ganz oben auf die Tagesordnung. Wie sonst sollen sich Innovation, Erfolg und (vor allem) eine bessere Welt entwickeln — gerade in Zeiten von Digitalisierung und Globalisierung? Diese Fragen beschäftigen uns heute in fast allen Jobs und Branchen auf die ein oder andere Weise. Deshalb spreche ich in meinen Workshops zum Thema mit den Teilnehmern immer wieder über die Pluspunkte des Netzwerkens:
Effizienter Arbeiten: Das Rad muss nicht immer neu erfunden werden. Durch Erfahrungen, Empfehlungen und Ideen von anderen kommen wir schneller zum Ziel.
Innovation fördern: Durch einen regelmäßigen und gezielten Austausch entstehen neue Ideen und Lösungen. Dabei helfen neuartige Ansätze wie Working out Loud (WOL) oder auch Formate wie Standup-Meetings.
Ziele gemeinsam verfolgen: Ohne Mitstreiter kann die beste Idee schnell versanden. Mit Hilfe von Networking lassen sich Ziele und Vorhaben im Unternehmen gemeinsam schneller um- und durchsetzen.
Sichtbar werden: Das Sprichwort sagt zu Recht: Tue Gutes und sprich darüber. Keine falsche Angst vor Selbstdarstellung. Wer über seine eigenen Ideen und Erfolge spricht, motiviert auch andere, sich mehr zu zeigen.
Sharing is caring: Wissen ist Macht. Das bedeutet nicht, dass es im stillen Kämmerlein seinen Nutzen entfaltet. Wer sein eigenes Wissen und seine Erkenntnisse mit anderen teilt, profitiert auf lange Sicht selbst davon.
Wie netzwerke ich erfolgreich?
Bis vor gar nicht so langer Zeit haben wir im Job telefoniert, eine E‑Mail geschickt oder uns getroffen, um im Kontakt zu bleiben. Es ist eine riesige Bereicherung, dass es heute im Unternehmen und natürlich im großen, weiten Internet zusätzlich so viele digitale Helfer gibt, die unseren Austausch mit anderen begünstigen — von Social Intranets, Communities und Blogs bis hin zu Messengern oder sozialen Netzwerken. Früher verschwanden unsere Ex-Kollegen meistens in der Versenkung. Heute können wir auf Xing und Co. verfolgen, wie es mit ihnen weitergegangen ist. Und vielleicht zu ganz neuen Themen wieder zusammenkommen.
Damit das Networking nicht zum Zeitfresser ohne spürbaren Nutzen wird, brauchen Sie allerdings einen PLAN:
Ziele setzen: Sichtbarer werden? Mehr fachlichen Austausch haben? Es ist wichtig zu klären, was Sie mit dem Netzwerken erreichen wollen und mit wem Sie sich dafür besser vernetzen müssen.
Mehrwert bieten: Mit guten Inhalten erreichen Sie Ihre Wunschkontakte am besten. Sie können eigene Gedanken un Ideen posten oder Inhalte von anderen aus Ihrem Netzwerk empfehlen, denn das gehört im Netz oder auch in der Abteilungs-Community zum guten Ton.
Qualität statt Quantität: Mehr als 1000 Kontakte auf LinkedIN! Na und? Beim Netzwerken kommt es nicht auf die reine Zahl der Kontakte oder Aktivitäten an, sondern auf deren Nutzen in Bezug auf Ihre Ziele.
Erst Geben, dann Nehmen: Vermeiden Sie Ego-Networking. Zuhören, Interesse zeigen und vor allem Helfen zahlt sich langfristig aus!
Dranbleiben: Eine Woche mit anderen Menschen Kaffee getrunken und nichts hat sich getan? Netzwerken zahlt sich nicht von Heute auf Morgen aus. Haben Sie ein wenig Geduld und Vertrauen.
Analoges und digitales Netzwerken gehören zusammen
Die Erfahrung zeigt: Netzwerken entfaltet seine größtes Potenzial dann, wenn wir unsere analogen Gespräche ins Digitale verlängern und umgekehrt. Ich zum Beispiel bin naturgemäß sehr viel in den Social Media unterwegs. Die Beziehungen, die ich dort knüpfe, werden spürbar tragfähiger, wenn ich jemandem auch mal live die Hand geschüttelt oder in die Augen geschaut habe.
Wie verbinden Sie analog und digital bei Ihrem Networking? Dazu drei simple Beispiele: Sie besuchen ein Event und haben ein gutes Gespräch. Vernetzen Sie sich gleich danach mit dem neuen Kontakt auf Xing oder LinkedIN. Sie halten einen erfolgreichen Vortrag. Posten Sie ihre Folien und Gedanken dazu mit der Bitte um Feedback ins Social Intranet. Sie haben eine lebhafte Diskussion mit anderen Fachexperten auf LinkedIn — treffen Sie sich „im echten Leben“ und setzen Sie das Gespräch fort.
Einfach mal machen!
„Ich mache mir konkrete Gedanken über meine Ziele beim Netzwerken. Jetzt pimpe ich erstmal mein LinkedIn-Profil. Ich poste wieder mehr in unserem Social Intranet. Ich organisiere ein Standup-Meeting.“ Machbare und sinnvolle Pläne, die ich von den Teilnehmern meiner Networking-Workshops gehört habe.
Wie möchten Sie Ihr Networking verbessern? Ich freue mich auf Ihr Feedback oder auch über Ihre persönlichen Tipps und Erfahrungen zum Thema Netzwerken!
Social Media Netzwerken — wie geht das eigentlich? Tina Gallinaro hat Tipps.
„Netzwerk schlägt Hierarchie“ — warum das aktuelle Buch von Christiane Brandes-Visbeck so lesenswert ist, erfahren Sie hier.
Carola von Seherr-Thoss says
Liebe Meike, dein Beitrag zum Thema ” Networking” ist wunderbar erhellend, erweitert das eigene Blickfeld und passt super in unsere Zeit, in der wir so manches mal nur noch den Tunnelblick auf den eigenen Bildschirm haben. Danke!
Meike Leopold says
Danke Carola!
Kerstin Kitzmann says
Der schönste Moment ist für mich immer, “digitale” Freunde aus Social Media live zu treffen. Dabei können aktuelle Profilfotos ganz hilfreich sein 😉 Oder wie kürzlich auf der Contentixx: der Name auf dem Shirt.
Verena Bender says
Ich kann mich all dem nur zu 100% anschließen!
Ein wunderbarer Artikel.
Vielen Dank
Liebe Grüße
Verena
Birgit Schultz says
Ich schließe mich Tina an! Ein toller Beitrag, der mir aus der Seele spricht. Wird jetzt gleich erstmal in meinem Netzwerk geteilt!
Zauberhafte Grüße
Birgit
Tina Gallinaro says
Ein toller Beitrag!!!
Netzwerken geht man nicht so eben zwischen Tür und Angel! Vor allem muss man es auch wirklich wollen..
Das dies natürlich mit Arbeit und Fleiß und vor allem — Duchhaltevermögen verbunden ist schreckt viele Unternehmen dabei ab, es einfach zu tun.
Lieben Dank auch für die Verlinkung zu meinem Beitrag.