Ein Jahrzehnt – im Internet ist das eine halbe Ewigkeit. Viele Unternehmensblogs sind in dieser Zeit verschwunden oder haben sich zumindest stark gewandelt. Umso bemerkenswerter ist es, dass Tchibo, eines der größten deutschen Konsumgüter- und Einzelhandelsunternehmen, nach wie vor auf ein eigenes Format setzt.
Vor fast zehn Jahren habe ich mit Sandra Coy, Sprecherin Unternehmensverantwortung & Qualität bei der Tchibo GmbH, über das damalige Tchibo Blog gesprochen. Zu der Zeit war ich als Corporate Bloggerin und durch mein Buch über Corporate Blogs eng mit dem Thema verbunden – und neugierig, wie Unternehmen digitale Dialogformate nutzen.
Heute möchte ich von Sandra wissen, wie sich das Projekt weiterentwickelt hat und welche Rolle „Tchibo Stories“ inzwischen im Kommunikationsmix spielt.
Fast zehn Jahre sind seit unserem letzten Gespräch vergangen: Wie haben sich Fokus und Ton des Blogs verändert, seit es zu den heutigen „Tchibo Stories“ wurde? Und: Seht ihr es überhaupt noch als klassisches Blog?
Seit den Anfangsjahren (wir sind 2011 gestartet!) hat sich viel getan. Früher war der Tchibo Blog eher ein klassisches Magazin mit Kommentarfunktion und lockerem Austausch. Heute sind die „Tchibo Stories“ für uns eine Plattform, auf der wir komplexe Themen transparent erzählen können. Und anders als bei klassischen Presseinformationen, die stark auf Fakten und News setzen, können wir in den Stories Hintergründe, Stimmen von Kolleg*innen und Partner*innen sowie Zusammenhänge viel erzählerischer darstellen. So hoffen wir, nicht nur für Informationen zu sorgen, sondern auch für Verständnis und Nähe.
Wie haben sich eure Ziele und Zielgruppen in dieser Zeit gewandelt? Welche Themen stehen aktuell im Mittelpunkt?
Unsere Zielgruppen haben sich eigentlich nicht verändert. Damals wie heute sprechen wir Kundinnen, Stakeholder wie NGOs, Politik, Journalisten oder Bewerberinnen an. Thematisch dreht sich vieles um Nachhaltigkeit – Klima, Kreislaufwirtschaft, Kaffee – aber auch um die Menschen hinter Tchibo. Unser Ziel ist es, glaubwürdig und verständlich zu zeigen, wie wir uns als Unternehmen weiterentwickeln.

ist seit Dezember 2008 bei Tchibo und verantwortet dort die Kommunikation rund um Nachhaltigkeitsthemen. Von „Cotton in Transition“ über das Lieferkettengesetz bis hin zur Mehrwegtasche – sie bringt komplexe Inhalte verständlich auf den Punkt. Als Sprecherin für Nachhaltigkeit gibt sie Tchibo eine Stimme in Öffentlichkeit, Medien und Netzwerken.
Die gelernte Journalistin hat Amerikanistik studiert und war viele Jahre für Funk und Fernsehen unterwegs, bevor sie ihre Leidenschaft für Kaffee – und die Geschichten dahinter – entdeckte. Heute verbindet sie ihre beiden Welten: Journalistische Neugier und die Begeisterung für nachhaltige Transformation.
Welche Funktion erfüllt „Tchibo Stories“ heute innerhalb eures gesamten Content- und Kommunikationsmixes?
Die Stories sind für uns der Content-Hub, also die Plattform, auf der wir Themen ausführlich entfalten können. Von dort aus ziehen wir Inhalte in andere Kanäle – ob für LinkedIn, unseren Tchibo_Newsroom bei Instagram oder unser Intranet. Gerade unser Corporate Podcast „5 Tassen täglich“ profitiert oft von Stories als inhaltlicher Basis. Und andersherum. Wir sehen die Stories also als Pull-Plattform, die vertiefte Infos liefert, während Social Media und Podcast den Dialog und die Reichweite herstellen.
Corporate Blog Beispiel: Vom Tchibo Blog zu ‚Tchibo Stories´
Inwiefern hat das Thema Künstliche Intelligenz bereits Einzug in euren redaktionellen Alltag gehalten?
Künstliche Intelligenz nutzen wir schon punktuell: für Inspirationen, schnelle Recherchen oder erste Textentwürfe. Auch Bilder generieren wir gelegentlich über KI Tools. Aber die finale Tonalität und das Storytelling machen wir immer selbst – Authentizität ist uns wichtig. Langfristig kann KI helfen, Inhalte für verschiedene Zielgruppen noch passgenauer aufzubereiten.
Wie groß ist das Redaktionsteam inzwischen – und wie organisiert ihr die Inhalte und Abläufe?
Das Redaktionsteam ist klein, 3–4 Kolleginnen, die aber auch für andere Kanäle und Abteilungen arbeiten. Wir arbeiten eng mit Kollegen aus Kommunikation, Nachhaltigkeit, HR, Logistik und anderen Fachbereichen zusammen. Oft liefern Expertinnen Inhalte, und wir übersetzen das dann in eine Story. Alles läuft über einen Redaktionsplan, aber mit genug Flexibilität, um auf aktuelle Themen reagieren zu können.
Welche Entwicklungen oder Erfolge mit ‚Tchibo Stories‘ machen euch besonders stolz?
Stolz sind wir vor allem darauf, dass sich die Stories als seriöse Plattform etabliert haben. Manches Nachhaltigkeitsthema, das wir dort zuerst veröffentlicht haben, wird von Medien oder Partnern aufgegriffen. Und auch intern nutzen Kolleginnen die Stories, um sich über Tchibo Initiativen zu informieren. Dass wir das über viele Jahre konsistent geschafft haben, macht uns wirklich stolz.
Das erste „Tchibo Blog“ hatte eine Kommentarfunktion. Heute ist diese nicht mehr vorhanden. Was waren die Gründe für diesen Schritt – und über welche Kanäle sucht ihr heute den Austausch mit der Community?
Der Dialog hat sich in die Social Media verlagert
Die Kommentarfunktion war früher eine gute Idee, wurde aber in den laufenden Jahren nicht mehr so viel genutzt. Heute passiert der Dialog vor allem auf Social Media – insbesondere auf LinkedIn und Instagram. Dort erreichen wir eine große Bandbreite an Menschen und bekommen direktes Feedback. Zusätzlich gibt es in unserem Webshop die Tchibo Community, die sehr aktiv ist und wo Kundinnen sich austauschen, Ideen einbringen und diskutieren können. Die Stories selbst sind bewusst eher als Plattform zum Nachlesen und Vertiefen gedacht.
Worin seht ihr die nächste Entwicklungsstufe von „Tchibo Stories“?
Mehr Multimedia. Videos, Grafiken, Bilderstrecken, Podcasts, evtl. Umfragen. Außerdem wollen wir die Stories noch stärker mit unseren Social-Media-Aktivitäten – auch auf Youtube — und unserem Podcast „5 Tassen täglich“ verzahnen. Und wir können uns gut vorstellen, noch mehr Gaststimmen und Partnerperspektiven einzubauen.
Liebe Sandra, vielen Dank für das Gespräch!