Social Media sind raus aus den Kinderschuhen! Denkt man zumindest, wenn man wie ich in der digitalen Filterblase unterwegs ist. Wenn ich Seminare oder Workshops gebe, beobachte ich jedoch immer wieder, dass manche Vorurteile oder Herausforderungen rund um Social Media scheinbar Evergreens bleiben. Gleichzeitig haben es sich manche Unternehmen möglicherweise etwas zu bequem gemacht im Status Quo. Ich habe die gängigsten Fragen gesammelt, die ich von Entscheidern, Mitarbeitern aus PR und Marketing oder auch Social-Media-Verantwortlichen zu hören bekomme – und jeweils mit Antworten aus meiner Erfahrung in Praxis und Beratung versehen.
Social Media brauchen wir nicht, sagt unsere Geschäftsführung. Bei uns läuft der Laden auch so.
Diese Einschätzung gehört meines Erachtens in die Kategorie “Das Internet wird schon wieder weggehen”. Dennoch bleibt es wichtig, immer wieder zu argumentieren, um Social-Media-Skeptiker im Business auf die Chancen von Social Media aber auch auf die Gefahren hinzuweisen, die mit dem Ignorieren eines so mächtigen Kommunikationsmittels einhergehen.
Zunächst ist es natürlich erfreulich, wenn ein Unternehmen erfolgreich ist. Aber was wäre, wenn es noch erfolgreicher wäre – vor allem im Hinblick auf die Zukunft? Dabei geht es nicht unbedingt immer um mehr Geschäft. Viele Unternehmen mit denen ich spreche, haben vor allem mit dem vielzitierten Fachkräftemangel zu kämpfen. Ein Problem, das ihnen wiederum beim Wachstum im Weg ist. Eine erfolgreiche Employer-Branding-Strategie ohne Social Media? Heute kaum noch vorstellbar.
Auch in punkto Marken- und Imagepflege oder Vertriebsunterstützung ist es unerlässlich, das (Kauf-)Verhalten der Kunden im Blick zu behalten und zumindest ins Netz hineinzuhorchen. Dort wird höchstwahrscheinlich über den Social-Media-Muffel gesprochen, während dieser leider selbst nicht „vor Ort“ ist. Eine verschenkte Chance für mehr Kundennähe!
Wir sind ein B2B-Unternehmen. Für uns sind Social Media doch gar nicht relevant!
Das B2B-Geschäft ist zwar häufig sehr komplex. Dennoch liegt der Vorteil der Unternehmen darin, dass sie ihre Zielgruppen bzw. Entscheider-Personas letztlich klarer definieren können als B2C-Anbieter. Von dort ist es dann nicht mehr weit zu der Frage, wie und wo diese Entscheider erreicht werden können. Nun, Entscheider sind auch nur Menschen. Und was machen Menschen heute? Richtig: Sie sind rund um die Uhr im Internet unterwegs.
B2B Entscheider sind auch nur Menschen
Alle Studien zum Käuferverhalten im B2B sprechen seit Jahren eine klare Sprache: Kaufentscheidungen werden zunehmend im Internet vorbereitet.
Recherche findet online statt: 75 % der B2B Kunden nutzen Social Media, um Anbieter zu finden (IDC).
Nur am Touchpoint können Sie Einfluss nehmen: 60 % aller B2B Kaufentscheidungen sind schon getroffen, wenn ein Anbieter kontaktiert wird (Forrester Research).
Generation Y übernimmt das Ruder: Die Hälfte aller B2B Entscheider sind heute Technologie-affine Millenials, die 24/7 online sind (thinkwithgoogle.com).
Je komplexer und umfangreicher die Investition ist, desto mehr Parteien sind an der Entscheidung beteiligt – von der Fachabteilung bis zum Einkauf. Wer also nicht auf LinkedIn und Co. mit nützlichen Informationen und einem vertrauenswürdigen Auftreten punktet, überlässt das Feld anderen.
Fazit: Social Selling ist im B2B-Vertrieb das absolute Gebot der Stunde.
Dass Social Media für die B2B Kommunikation relevant sind, zeigen weitere aktuelle Marktzahlen. Zwar reduzieren B2B-Unternehmen laut einer aktuellen Studie des Bundesverbandes Industrie Kommunikation e.V. (bvik) angesichts „der Unsicherheit auf den globalen Märkten“ aktuell ihre Marketingausgaben. Doch gleichzeitig verlagern „große Unternehmen ihre Etats (…) auf digitale Bereiche, wie die Präsenz in Social Media oder Online-Werbung und werden damit zu Vorreitern in der Branche.“
Erfahren Sie auf dem CMO Blog von Adobe mehr über neue Trends im digitalen B2B-Marketing.
Unsere Organisation arbeitet landesweit und in verschiedenen Regionen. Deshalb haben wir auf Facebook mehrere Auftritte. Absprachen gibt es untereinander aber kaum. Manchmal werden sogar wichtige Informationen, die alle betreffen vor den anderen Admins verheimlicht.
Ich habe mittlerweile mehr als zehn Jahre Erfahrung in der (digitalen) Unternehmenskommunikation. Wenn ich dabei eines gelernt habe, dann dies: Interne Silos machen schwach, gemeinsam sind Sie stark! Das gilt ganz besonders auch für die Social-Media-Auftritte dezentral aufgestellter oder auch international aktiver Unternehmen und Organisationen. Es spricht überhaupt nichts dagegen, dass jede Region ihre lokalen Akzente setzt. Es ist sogar notwendig und begrüßenswert. Dass die linke Hand nicht weiß, was die rechte tut oder man sich gar gegenseitig ausbremst, sollte jedoch nicht passieren. Das merken die Beteiligten spätestens dann, wenn sie mit einem Shitstorm konfrontiert sind.
„Zentralismus“ ist aber erfahrungsgemäß nicht die Lösung für das Silo-Problem. Der Ansatz führt schlimmstenfalls nur zur Bildung von „Flaschenhälsen“, weil die Ressourcen für die Steuerung fehlen. Ich rate zu folgenden Maßnahmen, mit denen ich sehr gute Erfahrungen gemacht habe.
-Bildung virtueller Teams, die sich entsprechend über Collaboration-Lösungen vernetzen und austauschen
-Regelmäßiges gegenseitiges Enabling und Erfahrungsaustausch
-Eine transparente, für alle einsehbare und nachvollziehbare Redaktionsplanung
Interne Silos schwächen, nur gemeinsam sind Sie stark!
Manchmal hilft natürlich auch eine konzertierte Aufräumaktion. Viele Unternehmen versuchen heute, dem historisch bedingten „Wildwuchs“ ihrer verschiedenen Präsenzen mit gebündelten Company Pages Herr zu werden. So lassen sich beispielsweise auf LinkedIn verschiedene Auftritte zusammenführen und auch Partner mit einbinden. Zielgruppen in unterschiedlichen Ländern werden dabei jeweils mittels Targeting über die zentrale Seite angesprochen.
Vielstimmigkeit und Dezentralität muss nicht gleich Chaos bedeuten. Eine Kampagne, an der nicht nur Kommunikationsprofis, sondern auch viele Laien beteiligt sind, die wiederum viele Social-Media-Präsenzen betreuen, lässt sich durchaus erfolgreich orchestrieren. Das hat 2018 das Volksbegehren Artenschutz in Bayern gezeigt. An der erfolgreichen Kampagne waren sogar mehrere Organisationen bzw. Parteien mit ihren jeweiligen Aktivitäten und Auftritten im Netz beteiligt. Dennoch zogen alle dank klarer Botschaften und Forderungen an einem Strang.
Unser Mutterkonzern hat jede Menge Content. Wir leider nicht. Eine gemeinsame Social-Media-Planung existiert jedoch nicht. Oft ist unklar, was wir als Tochter sagen dürfen und was nicht.
Silos machen sich in der (digitalen) Kommunikation von Unternehmen in verschiedensten Konstellationen bemerkbar. Beispielsweise „verhungern“ Tochterunternehmen in punkto Social-Media-Kommunikation nicht selten am langen Arm der Mutter. Diese sitzt dann sozusagen an der Content-Quelle, verfügt oft über mehr Ressourcen für das Thema und wacht obendrein auch noch streng über CI und Wording auf den Auftritten der Töchter.
Doch „Hilfe zur Selbsthilfe“ und Ermutigung nutzt allen Beteiligten langfristig mehr als Einschränkungen oder gar Verbote. Wie gehen Unternehmen diese Aufgabe konkret an? Die Liste der Möglichkeiten ist lang. Sie reicht von regelmäßigen Treffen zum gemeinsamen Informations- und Erfahrungstausch auf Augenhöhe über das Bereitstellen von Ressourcen wie Bilddatenbanken oder Monitoring-Lösungen für alle Social-Media-Verantwortlichen bis hin zu einer gemeinsamen Redaktionsplanung.
Es lohnt sich: Der Wille und die Offenheit für eine Zusammenarbeit bringt allen Beteiligten mehr Transparenz und Wissen, verhindert doppelte Arbeit und ermöglicht eine konsistente aber dennoch auf die jeweiligen Bedürfnisse zugeschnittene Kommunikation über alle Social-Media-Auftritte des Unternehmens hinweg.
Uns fehlen oft Inhalte für Social Media. Dann wird halt aus Verlegenheit irgendwas gepostet, weil der Chef es so will. Ich versuche dann, das Beste draus zu machen.
Wenn es um die bunte Welt der Social Media geht, setzt bei manchen leider das analytische Denken aus. Das verrät, dass viele dieses Medium immer noch nicht ernst nehmen. Zudem verstellt die weit verbreitete Fixierung auf Social Channels häufig den Blick auf das Wesentliche: die zu kommunizierenden Inhalte. Ob Snapchat, LinkedIn oder Blog: Die Inhalte der Kommunikation jedes Unternehmens lassen sich mit den Antworten auf diese beiden scheinbar einfachen Fragen finden:
1.Was muss/soll kommuniziert werden?
2.Wer muss/soll etwas über uns und unser Angebot wissen?
Der Perspektivwechsel ist dabei unerlässlich. Versuchen Sie, die Aussagen über Ihr Unternehmen und sein Angebot aus der Perspektive Ihrer Zielgruppe(n) zu betrachten. Stellen Sie sich folgende Fragen:
-Welche Informationen über uns und unser Angebot sind überhaupt für wen relevant und interessant?
-Woran sind unsere Fans und Follower am meisten interessiert?
-Womit können wir vor allem ihr Interesse wecken?
Strategie first: Fokus statt Resterampe in der Kommunikation
Wenn diese Antworten einmal gefunden sind, gibt es endlich einen Fokus und damit gute Argumente, Inhalte und Ideen aus der Kategorie „Resterampe“ auszusortieren. Vielmehr lässt sich nun eine maßgeschneiderte Themenwelt für die genutzten Netzwerke entwickeln. Dabei kann ein eigenes Blog oder auch ein digitales Magazin, das laufend relevanten Input für die Social Channels liefert, einen enormen Mehrwert bieten.
Community Management? Dafür haben wir zu wenig Zeit. Außerdem haben wir sowieso kaum Interaktion.
Das habe ich vor einem guten Jahr auf diesem Blog geschrieben. Die Aussage ist heute so gültig wie vor vielen Jahren. Dabei geht ganze Thema Community Management weit über die Frage der Netiquette hinaus.
Unternehmen, die Community Management ernst nehmen, hören zu, suchen aktiv den Dialog, sind jederzeit ansprechbar und gehen individuell auf die Nutzer ein. Sie erhalten dadurch wertvolle Einblicke in die Probleme und Wünsche von Kunden oder potenziellen Bewerbern und sorgen durch ihr langfristiges Engagement und den Aufbau von Beziehungen sogar für den Fall einer Kommunikationskrise vor. Noch ein Riesenvorteil: Sie machen einen deutlichen Unterschied in einer Welt voller austauschbarer Produkte und Angebote.
Wichtig: Für die verantwortungsvolle Aufgabe des Community Managers sind nicht nur die Ressourcen notwendig, sondern oft auch eine solide Ausbildung und mitunter auch Coaching für die Kolleginnen und Kollegen „an der Front“.
Wie bekommen wir mehr Reichweite für unsere Social Media Posts?
In der Social-Media-Kommunikation (aber nicht nur dort) ist Reichweite selten ein aussagekräftiger Wert. Vielmehr geht es letztlich um die Frage, ob Unternehmen mit ihren Inhalten genau die Zielgruppe(n) erreichen, die sie ansprechen wollen. Dazu kommt die Tatsache, dass für die bessere Sichtbarkeit von organischen Inhalte heute schlicht Geld in die Hand genommen werden muss. An dieser Stelle verweise ich gerne auf einen lesenswerten Beitrag von Gero Pflüger, dem nichts hinzuzufügen ist.
Die Erfolgsmessung als solche ist natürlich ein zentrales Thema für alle Kommunikationsaktivitäten. Mit einer durchdachten Erfolgsmessung lassen sich Ziele wie die Mitarbeitergewinnung oder auch das Wecken von Interesse am Unternehmen auf messbare Maßnahmen herunterbrechen – beispielsweise das Ausfüllen von Kontaktformularen auf der Website als Folge eines Posts auf Facebook oder das Abspielen eines Films in den Social Media.
Stories, was ist das?!
Auf Social dreht sich die Welt noch schneller als in anderen Bereichen. Ununterbrochen produzieren Facebook & Co. neue Features und Innovationen, um ihre Nutzer bei Laune und damit auf der Plattform zu halten. Gleichzeitig entstehen immer wieder neue Netzwerke, während der Stern von anderen langsam verblasst.
Zu lange im Status Quo zu verharren ist für Unternehmen also gefährlich. Das Verteilen von Links oder schönen Fotos zum Zwecke der Selbstvermarktung ist in den Netzwerken längst nicht mehr state of the art. Ein wichtiger Game Changer, den Unternehmen auf keinen Fall verschlafen sollten, ist die Story. Auf Plattformen wie Instagram oder Facebook schiebt sich das Echtzeitformat immer weiter in den Vordergrund und verdrängt die Inhalte in der klassischen Timeline. Auf Snapchat gehörten Stories von Anfang an zur DNA des Netzwerks.
Schritt halten mit den Trends
Für das Erstellen von Stories brauchen Unternehmen ein neues Denken und die Fähigkeit, eine ansprechende Geschichte in Form von Texten, Bildern, Videos und Emojis zu erzählen. Das flüchtige Format, das nach 24 Stunden nicht mehr abrufbar ist, erfordert Kreativität, Beweglichkeit und Aufwand aber natürlich auch Konzept und Planung. Der Lohn ist eine hohe Aufmerksamkeit in der Community. So stammt ein Drittel der am meisten angesehenen Stories auf Instagram von Marken und Unternehmen.
Tipps für erfolgreiche Stories auf Instagram & Co.
- Konzept entwickeln: Story mit einem roten Faden entwerfen
- Mit Plan vorgehen: Zeitpunkt gut überlegen
- Kreativität zeigen: Offen und experimentierfreudig sein
- Eigene Stimme: Mut zur Authentizität haben
- Für Übersichtlichkeit sorgen: Nicht mehr als 6 bis 8 Teile pro Story
- Redaktionsplanung: Regelmäßig Content bereitstellen
- Dokumentation: Content archivieren
Viele bekannte Marken haben heute einen hohen Grad von Professionalisierung in den Social Media erreicht und sind auch bereit, entsprechend in diesen Bereich zu investieren. Doch in vielen anderen Unternehmen verharrt die Disziplin mehr oder weniger im Silo, wird von Einzelkämpfern oder kleinen Teams so gut es geht bestritten – und das mit überschaubarem Budget. Besonders ihnen kann ich mit meinen Erfahrungen hoffentlich helfen, mit ihrer Arbeit erfolgreich(er) zu sein und sich gegen mögliche interne Vorurteile oder Begehrlichkeiten durchzusetzen. Dazu meine wichtigsten Tipps noch einmal in Kürze:
Fazit mit fünf Tipps
Gute Argumente parat haben: Wie könnte Ihr Unternehmen von Social Media profitieren? Legen Sie sich gute Argumente und Best Practices zurecht. Tipp: Markzahlen oder ein Blick auf den Mitbewerb wirken manchmal Wunder.
Strategie entwickeln: Ohne Strategie verkommen Ihre Social-Media-Kanäle schnell zur Resterampe, auf der Inhalte ohne erkennbares Konzept gepostet werden. Nehmen Sie sich die Zeit, das WAS an WEN zu klären!
Zusammenarbeiten: Setzen Sie sich intensiv dafür ein, mit allen wichtigen Stakeholdern im Unternehmen zusammenzuarbeiten, um die Social-Media-Auftritte langfristig erfolgreich zu machen.
Dialog pflegen: Social Media sind keine Einbahnstraße. Hören Sie, suchen Sie den Austausch mit Ihren Fans und Followern und erfahren Sie so mehr über ihre Wünsche und Bedürfnisse.
Dranbleiben: Neue Netzwerke, neue Features, neue Trends. Die Welt der Social Media verändert sich ständig. Bleiben Sie dran und haben Sie Mut, neue Formate auszuprobieren.
Titelbild by Daniele Riggi on Unsplash
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