Wir können uns viel über Facebook die Haare raufen. Es gibt eine Menge zu kritisieren. Aber wegzudenken oder wegzureden ist der Platzhirsch unter den Social Networks (derzeit und wahrscheinlich noch etwas länger) nicht. Ich selbst war in den vergangenen Jahren erstaunt, dass ich zeitweise sehr viel mehr auf FB unterwegs war als auf Twitter. Es kam mir “gemütlicher” und privater vor. Irgendwann hab ich meine Twitterati dann vermisst und meine Zeit wieder etwas gerechter auf beide Netzwerke verteilt.
Als “Social Media Managerin” mit PR-Hintergrund beschäftige ich mich auch beruflich viel mit Facebook. Ich beobachte, dass sich Unternehmen, die sich einmal dafür entschieden haben, Facebook quasi gleichsetzen mit Social Media. Und sie erwarten von ihrem Auftritt sehr viel: massenweise Fans (die neue Währung so mancher Marketing-Manager), möglichst wenig Aufwand und instant gratification (schnelle Erfolge). Das ist natürlich ein frommer Wunsch. Ohne klare Kommunikationsziele, guten und nutzwertigen Content und eine aktiven Dialog mit den Fans wird der Auftritt keinen nachweisbaren Erfolg haben — und wenn man noch so viele Fans kauft (sic!).
Manchmal geht die eigene FB-Strategie übrigens nicht auf, weil die Kunden leider andere Pläne haben. Besonders schlimm sind Fanpages, auf denen aufgrund der angebotenen Produkte oder Dienstleistungen ein hoher Druck mit entsprechender Shitstorm-Gefahr lastet und die die Fragen und Beschwerden der Kunden einfach ignorieren, weil die Seite nicht dafür ausgelegt ist. Aber ich schweife ab. 😉
Das Blog als Mittler zwischen neuer und alter Welt
Natürlich ist Facebook auch eine Frage der Kultur, etwa wenn es darum geht, das Netzwerk knallhart für vertriebliche Zwecke zu nutzen. Das kann sehr gut funktionieren. In den USA beispielsweise generieren auch B2B-Anbieter mit gezielter Werbung für ihren Gated Content längst jede Menge Leads via Facebook — die Nutzer scheint das nicht zu stören. Im Gegenteil: Sie profitieren ja von den Inhalten, die sie im Austausch gegen ihre Adresse erhalten. In Europa, besonders in Deutschland, gibt es hier noch Bedenken und Empfindlichkeiten. Nicht nur gegenüber Facebook allgemein, sondern auch gegenüber Unternehmen, die in einem Umfeld allzu deutlich ihren Verkaufswillen bekunden, das von den meisten Nutzern als privater Ort gesehen wird.
Facebook lebt von schnell konsumierbaren Infohäppchen und im besten Fall von den Gesprächen, die dort entstehen. Es ist nicht der Ort, an dem sich Gedanken und Ideen ausführlicher spinnen und darlegen lassen. Aus diesem Grund bin ich ein großer Fan von Blogs im allgemeinen und Unternehmens-Blogs im speziellen. Ich habe sehr positive Erfahrungen mit dem Medium gemacht. Vor kurzem habe ich ein Buch zum Thema veröffentlicht. Die Inhalte in Kürze gibt es hier. Professionell geführte Blogs sind wie das Wohnzimmer oder die gute Stube eines Unternehmens. Sie geben dem Unternehmen ein eigenes Gesicht. Sie werden nicht von Betreibern fremder Plattformen wie Facebook, Google+ oder Twitter eingerichtet, die jeden Tag mit neuen Funktionen und Regeln um die Ecke kommen. Auf seinem Blog ist das Unternehmen der Gastgeber und sonst niemand.
Als dynamische Webseite mit Kommentarfunktion ist das Blog ein Mittler zwischen alter und neuer Welt. Es steht mit einem Bein im Social Web, wenn es gelingt, es dort professionell zu promoten und zu vernetzen — etwa auf Facebook oder Twitter. Mit dem zweiten Bein steht es fest im Unternehmen und ist ein integraler Bestandteil der Unternehmenskommunikation. Wird das Blog von Mitarbeitern geschrieben, kann es enorm dazu beitragen, dass diese im Web als Markenbotschafter aktiver werden.
Mein Fazit: Letztlich geht es nicht um ein Facebook-Bashing und schon gar nicht um ein Entweder-Oder. Es geht darum, die verschiedenen Auftritte sinnvoll miteinander zu verbinden und ihre jeweiligen Stärken voll zu nutzen. Dabei eignet sich ein Blog hervorragend als Content Hub und damit als Mittelpunkt der Social-Media-Strategie.
Vielen Dank an David Stingl, der übrigens ein hammermäßig schickes Blog hat, für das Ausloben dieser Blogparade. 🙂
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