Auch in der B2B-Kommunikation kriegen Blogs gegen Facebook offenbar keinen Stich. Dieses Fazit zieht der kürzlich veröffentlichte B2B Social Media Report 2013 des Monitoring-Anbieters Brandwatch. Die Autoren der Studie bezeichnen das als „eine vor dem Hintergrund der Wichtigkeit von Content Marketing und Suchmaschinenoptimierung (SEO) bedenkliche Entwicklung“. Da gebe ich ihnen vollkommen recht und will das gleich auch noch etwas näher ausführen.
Untersucht hat die Studie “Markennennungen in News-Portalen, auf Twitter und Facebook, in Blogs, Foren, Review-Seiten, Video- und Foto-Plattformen sowie in weiteren Sozialen Netzwerken und allgemeinen Seiten. Mit der Monitoring-Plattform wurden ausschließlich die öffentlich zugänglichen Daten der diversen Online-Seiten gesammelt und ausgewertet”.
Danach fielen die Nennungen der untersuchten B2B-Unternehmen in Blogs von 32,3 Prozent im ersten Quartal auf nur 19,0 Prozent (4.708) im vierten Quartal. Im Gegensatz dazu nahmen die Nennungen auf Facebook stark zu: Im ersten Quartal waren es 17,6 Prozent (3.969), im vierten Quartal 34,9 Prozent Nennungen (8.021).
Zunächst habe ich einige Fragen bzw. Kritikpunkte, was die Studie betrifft:
- Mir war auch nach der Querlektüre unklar: Sind mit den Nennungen der untersuchten Unternehmen Äußerungen Dritter gemeint oder alle, das heißt auch die Nennungen durch die Unternehmen selbst auf ihren verschiedenen Online-Auftritten?
- Warum kommt die IT-Branche bis auf die DATEV (die unzweifelhaft einen sehr guten Online-Auftritt hat) und SAP in der Studie nicht vor? Mir kommt die Kategorisierung dieser Unternehmen unter “Dienstleister” etwas gewollt vor. Zudem hätten unter dieser Kategorie auch noch einige andere IT-Anbieter berechtigterweise untersucht werden müssen — etwa die T‑Systems. Da so viele IT-Unternehmen in der Studie fehlen, habe ich mir mal die Mühe gemacht und die derzeitige Bloglandschaft im IT-B2B-Bereich “gescannt”. Sie ist in meinen Augen sehr viel lebhafter als viele denken! (siehe Galerie weiter unten)
- Die Auswahl der untersuchten B2B-Unternehmen wirkt in meinen Augen insgesamt etwas beliebig. Laut Studie hat man sich auf das Facebook B2B Ranking by Lingner 2011 (wie aktuell dieses ist, lässt sich auf der entsprechenden Webseite leider nicht erkennen), Biesalski & Company — Hidden Champions 2011 bzw. 2013 und das Induux Social-Media-Ranking B2B gestützt. Nun gut.
Mir stellen sich an an dieser Stelle weitere drei Fragen. Erstens: Was bedeutet es wirklich, dass Nennungen in Blogs gegenüber Facebook zurückgehen bzw. weniger sind? Dass die Frequenz der Updates auf Blogs generell niedriger ist, liegt aller Wahrscheinlichkeit nach am Medium und sagt noch nichts über die Qualität der jeweiligen Nennungen aus. Diese könnten dennoch mehr Gewicht haben, als zahlreiche Tweets oder Facebookeinträge (Inhalt, SEO, Longtail…).
Hier wäre es wie gesagt wichtig zu wissen, ob auch die jeweiligen Unternehmensblogs gemessen wurden oder eben Nennungen in Blogs von Dritten. Denn wenn auch die Blogs der Unternehmen selbst gescannt wurden, müsste man aus den Zahlen schließen, dass Blogs dichtgemacht wurden (?).
Blogs sind Content Hubs
Die zweite Frage lautet: Sollte man Blogs und Facebook überhaupt als Antagonisten betrachten und dies an den gemessenen Nennungen festmachen? Das bedeutet doch Äpfel mit Birnen zu vergleichen! Professionell aufgezogene Unternehmensblogs sind ein zentraler Bestandteil einer zeitgemäßen Content-Strategie (Stichwort Inbound Content Marketing) sowie des Social-Media-Auftritts. Sie sind ein Content Hub und kein soziales Netzwerk. Mit Hilfe von Twitter, Facebook und Co. lassen sich die Blog-Inhalte im Social Web verteilen — also dort, wo sich immer mehr Menschen heute informieren und aufhalten. Das bedeutet: Idealerweise ergänzen sich Blogs und soziale Netwerke.
Drittens: Wenn die Studie zeigt, dass Facebook auch in B2B-Unternehmen auf dem Vormarsch ist (übrigens: spätestens hier müssten die gemessenen Nennungen zu einem sehr großen Teil auf den Posts der Unternehmen selbst basieren, da viele private Profile ja geschlossen sind), was lässt sich daraus ableiten? Meine Vermutungen aus eigener Erfahrung:
- Social Media heißt für viele Facebook
- Eine Facebook-Seite ist schneller gestartet als ein Blog
- Das Erstellen von Content für Facebook ist vermeintlich weniger aufwändig
- Die Unternehmen hoffen, in dem Netzwerk mit jüngeren Zielgruppen, etwa Bewerbern ins Gespräch zu kommen
Wer hat im Internet die Nase vorn?
Alles legitim. Dennoch wird sich so mancher Digital-Verantwortliche schwertun mit dem ROI-Nachweis des Facebook-Auftritts. Es sei denn, er kann immer noch mit steigenden Fan-Zahlen punkten. Aber was sagen diese am Ende aus? Und wieviel Geld muss in den Auftritt gepumpt werden, um weiterhin bei den Fans sichtbar zu bleiben?
Für mich lautet die wichtigere Frage: Wer hat in einigen Jahren im Internet die Nase vorn?
Das sind die Unternehmen, die in punkto Content Marketing ihre Hausaufgaben gemacht haben. Denn die Customer Journey beginnt heute im Internet (aber vermutlich nicht zuerst auf Facebook). Unternehmensblogs können hier eine zentrale Rolle spielen — auch wenn sie bald vielleicht nicht mehr so genannt werden. Online-Auftritte müssen zukünftig generell viel agiler, dynamischer und genau auf das Informationsbedürfnis der Dialoggruppen zugeschnitten sein. Und sie müssen social und mobil sein.
Beim jüngsten Treffen des Marketing Benchmark Circle in Wildbad Kreuth haben die Teilnehmer, alles erfahrene IT-Marketiers, die Studie und das Thema Blogging intensiv diskutiert. Alle fanden Blogs irgendwie wichtig. Aber es kam auch der Einwurf: “Blogs sind irgendwie altmodisch.”
Tja, vielleicht haben Blogs schlicht ein Imageproblem?
Ist das so? Wenn ja, wie ließe sich das beheben? Schreibt mir einfach eure Meinung dazu! (bitte hier und nicht auf Facebook ;))
Astrid Radtke says
Ich denke, dass Blogs weniger ein Imageproblem haben, sondern ein Zeitproblem.
Ein Link ist relativ schnell eingestellt, die Meinung zum Inhalt kann sich letztendlich jeder selber bilden.
Beim Blog, wenn er gut recherchiert ist, kommt, neben der Zeit die investiert werden muss, auch die eigene Meinung ins Spiel und sei es, um in Kommentaren eine Diskussion in Gang zu setzen.
Meines Erachtens werden hier zwei Marketing-Möglichkeiten verglichen, die wenig gemeinsam haben.
Götz A. Primke says
Hallo Meike,
Du möchtest die Diskussion hier haben, nicht auf FB. Gut so. Andere ziehen FB vor. Dort wird dann stark diskutiert. Hier im Blog herrscht hingegen Ruhe. Grabesruhe. Warum? Weil es einfacher, schneller ist bei FB zu kommentieren, man muss sich nicht extra anmelden, man ist es ja schon. Kein Name, Email, Webseiten-Feld. Einfach seinen geistigen Erguss, seine Erregung zum besten geben, fertig.
Es ist ein Fakt, dass viel mehr auf FB kommentiert wird als auf Blogs. Für das Ranking bei Google & Co. ist es aber eminent wichtig, dass auf den Blogs kommentiert wird. Auf der anderen Seite läßt die Sichtbarkeit der Fanpages bei FB nach. Anhand von Le Gourmand — Das Geniesser-Magazin http://www.legourmand.de , meinem eigenen Blog/Magazin, mache ich regelmäßig diese Erfahrung.
Bei wenigen anderen Reisebloggern sehe ich regelmäßige Kommentare auf dem Blog. Doch das sind wieder nur andere Blogger. Also ein selbst-referentielles System. Du kommentierst bei mir, ich kommentier bei Dir — ein Hand-Job für das Ranking.
Gleichzeitig nehmen die Kommentare bei FB-Fanpages extrem ab, da die Seiten im Feed nicht mehr auftauchen.
Es gibt noch kein Tool, mit dem die Kommentare, die Diskussion auf allen Plattformen (FB, Blog, Google+) auftaucht und auch gewertet wird. Denn ein FB-Plugin fürs Blog, das ja oft integriert wird, wird wohl kaum von Google entsprechend gewertet. Zum anderen hält es andere, die keinen FB-Account haben, davon ab, mitzudiskutieren.
Und hier komme ich zu einem weiteren Punkt: mehr und mehr meiner FB-Kontakte verabschieden sich von dieser Plattform. (Die “defriended” App für Mac ist da sehr hilfreich).
Also: Immer doppelt posten (Blog, Facebook)? Kann auch nicht das Gelbe vom Ei sein…
LG,
Götz
Meike Leopold says
Hallo Götz, vielen Dank für deinen Kommentar. Tja, eine wirklich gute Lösung gibt es wohl nicht für das Problem…vg, Meike
Katrin Sasse says
Hallo Frau Leopold,
wie heißt es so schön, die Wahrheit liegt oft im Verborgenen…
Anhand der Fragestellung dieser Studie, erkennt man wohl auch gleich Ihre Schwächen, da wichtige Faktoren nicht berücksichtigt werden und somit viele Fragen unbeantwortet bleiben.
Die Kunst besteht meiner Meinung nach darin, die Zeit für Online-Marketing geschickt aufzuteilen und sinnvoll zu begrenzen. Besser ein gelungener Beitrag, als 1000 belanglose.
Danke für Ihre gelungenen Beiträge 😉 !
Katrin Sasse