Gerade die Blogger Relations machen mir als Social Verantwortliche eines Unternehmens sehr viel Freude. Warum? Ganz einfach, weil es dabei um Menschen und den Aufbau und die Pflege von Beziehungen geht. Und weil der Austausch mit den (meisten) Bloggern einfach Spaß macht und anregend ist. Aber ich gebe zu, dass mir das Thema auch schon das ein oder andere Mal Unbehagen bereitet oder zumindest dicke Fragezeichen aufgeworfen hat.
Das hat mit der Goldgräberstimmung, die bei diesem Thema zu herrschen scheint zu tun und mit den vielen Grauzonen, die es gibt. Was sind eigentlich die Dos and Dont’s im Umgang, wo verlaufen für die Blogger (und für uns) sichtbare oder unsichtbare rote Linien, wie können wir als Unternehmen mit dieser Gruppe von Multiplikatoren fair und transparent umgehen, wie können wir Bloggern höchstmöglichen Mehrwert bieten?
Weil mich diese Fragen beschäftigen, stand ein Besuch der von achtung! gehosteten re:publica Session“How to buy a blogger” für mich von Anfang auf dem Terminkalender. Die Agentur hat dankenswerterweise einen Bloggerkodex erstellt, der wichtige Grundsätze in der Zusammenarbeit mit Bloggern auflistet. Eine gute Sache angesichts der immer wieder aufkommenden Beschwerden aus der Blogosphäre. Offenbar greifen Unternehmen ebenso wie Agenturen immer wieder schwer daneben, wenn es um die Ansprache von Bloggern und den Umgang mit ihnen geht.
Blogger Relations in der Grauzone
Ich will jetzt nicht die ganze Session beschreiben, ihr könnnt euch das Live-Blog von Oliver Gassner dazu anschauen oder die Video-Aufzeichnung. Besonders hängengeblieben sind bei mir die drei Erfolgsfaktoren für Blogger Relations, die @praetorius in die Diskussion einbrachte: distance, collaboration und support.
Dass hinter PR-Angeboten an Journis oder Blogger am Ende ein bestimmtes Interesse des Unternehmens oder seines Dienstleisters steht, ist klar. Aber der Faktor Distanz hilft, dabei professionell zu bleiben. Er beinhaltet für mich Respekt, Umgang auf Augenhöhe statt Anbiederei, Kumpelei oder Arroganz und natürlich bitte keine plumpen Versuche der Einflussnahme. Collaboration und Support gehören hier dazu. Man arbeitet professionell zusammen und sorgt dafür, dass die Blogger optimal unterstützt werden bei ihrer Arbeit, ohne ihnen einzuflüstern, was dabei herauskommen soll.
So weit so gut. Womit ich persönlich beim Thema Distanz nicht so gut zurecht komme ist die Tatsache, dass so manche Blogger mehrere Hüte aufhaben, die nicht unbedingt zusammen passen. Auf der einen Seite sind sie unabhängige Beobachter und Berichterstatter und halten mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg. Auf der anderen Seite sind sie teilweise aber durchaus bereit, gegen Honorar Content zu liefern, beispielsweise für Corporate Blogs. Das kann natürlich bei dem ein oder anderen Unternehmen zu der Annahme führen, dass Blogger am Ende käuflich sind. Das geht mir persönlich sehr gegen den Strich. Denn was hat ein Unternehmen am Ende von bezahlter Hofberichterstattung?
Wie stellt ihr euch die Blogger Relations von Firmen vor?
Ein Freund von mir hatte während der Session die Idee, dass Unternehmen in eine unabhängige Stiftung einzahlen könnten, die wiederum Bloggern eine unabhängige Arbeit ermöglicht (kurze Zeit später kamen die “Krautreporter”). Ich finde die Idee gut, weil niemand daran interessiert sein kann, dass eine unabhängige Berichterstattung im Netz aufgrund von Geldproblemen (zumindest für Vollzeit-Blogger) schwierig ist — auch nicht die Unternehmen.
An die Blogger unter den Lesern: Mich würde interessieren, wir ihr die verschiedenen Hüte miteinander vereinbaren könnt: einerseits ähnlich wie Journalisten arbeiten, andererseits aber auch euer Wissen und eure Kompetenz gegen Honorar in den Dienst von Firmen stellen. Welche Formen der bezahlten Kooperation sind für euch denkbar und welche überhaupt nicht? Oder ist das für euch ohnehin ausgeschlossen? Und wollt ihr eigentlich lieber von Unternehmen oder von deren Agenturen angesprochen werden?
Für mich war eine der wichtigsten Erkenntnisse aus der Session: Wir Unternehmenskommunikatoren müssen dringend die Gießkanne wegschmeißen und das auch unbedingt bei unseren Dienstleistern sicherstellen! “Da holen wir noch 5 Blogger dazu” geht gar nicht! Blogger ist nicht gleich Blogger. Jeder einzelne Kontakt muss individuell angegangen werden. Bei jedem einzelnen muss geklärt werden, welche Formen der Zusammenarbeit er oder sie sich vorstellen kann. Was bei dem einen geht, geht bei dem anderen gar nicht. Für jeden Blogger muss der Mehrwert oder Nutzwert herausgearbeitet werden, den er oder sie von einem bestimmten Angebot des Unternehmens hat.
Das Unternehmen wiederum muss klare Ansagen in Richtung der Blogger machen. Der Bloggerkodex von achtung! kann als Grundlage dienen, die Regeln für den Umgang mit Bloggern zu definieren. Kommunikatoren, die sich diese Mühe machen, ersparen sich unter Umständen böse Überraschungen in der Zukunft.
Die re:publica Session
Meine BAW-Folien zum Thema Blogger Relations
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Urs E. Gattiker - DrKPI says
Liebe Meike
Das ist für mich ein sehr interessanter Beitrag. Ich bedanke mich zu Deinem Hinweis im Kommentar in meinem Blog zum Thema Interessenkonflikte — Blogger und Journalisten:
===> http://blog.drkpi.de/best-practice‑1/#comment-98
Du weist hier auch auf ein für mich schwieriges Problem hin:
“Womit ich persönlich beim Thema Distanz nicht so gut zurecht komme ist die Tatsache, dass so manche Blogger mehrere Hüte aufhaben, die nicht unbedingt zusammen passen.”
Da gilt es Vorsicht walten zu lassen aber eben, da sind wir wieder in der Grauzone. Trotzdem, kein Zweifel habe ich, dass wenn man als Blogger die Corporate PR Person oder Ingenieurin mag, wirkt sich dies aus…
Herzlichen Dank auch für die Slides.
Urs