Vor einigen Tagen wurden die Gewinner des Deutschen Preises für Onlinekommunikation 2021 virtuell gekürt. Als Jurorin schaffe ich es zwar kaum, alle Kategorien und Einreichungen zu sehen. Aber eines lässt sich auf jeden Fall sagen: So groß die Herausforderung für digitale Kommunikatoren in Unternehmen, Verbänden oder NGOs in der Pandemie war und immer noch ist – sie wurde erfolgreich angenommen!
Herausgekommen sind viele beeindruckende Cases — nicht zuletzt im Bereich Purpose Driven Communications. Hier geht im weitesten Sinn darum, Haltung zu zeigen bzw. einen positiven Beitrag zur Gesellschaft zu leisten. Das war im vergangenen Jahr wichtiger denn je. Ganz viel Purpose dank Pandemie: Meine DPOK Highlights 2021 👇
#Unhatewomen: Gewalt als das benennen, was sie ist
Dass viele deutsche Rapper in ihren Songs Gewalt gegen Frauen verherrlichen, ist bekannt. Wenn Frauen deren Texte „einfach“ vorlesen, läuft es einem allerdings kalt den Rücken herunter. Die Kampagne #Unhatewomen trug letztlich dazu bei dazu, dass das Gesetz gegen Hasskriminalität verabschiedet wurde. Terre des Femmes erhielt für #Unhatewomen wohlverdient den ersten Preis in der Top-Kategorie „Purpose Driven Communications“.
Tief Ahmet bringt mangelnde Diversity in den Medien ans Licht
PR-Stunt oder Online-Kommunikation? Bei der Kampagne #Wetterberichtigung von den Neuen Deutschen Medienmacher*innen, die als mutigste des DPOK 2021 gekürt wurde, lässt sich das nicht so genau sagen. Schließlich war sie nicht nur ein Topthema in den Social Media. Auch die Medien haben über Thema auf der ganzen Welt berichtet. Der Hintergrund: 26 Prozent aller Deutschen haben Migrationsgeschichte, doch sie sehen sich in den Medien selten. Daher kauften die Initiatorinnen 13 Wetter-Patenschaften (das kann übrigens jede/r machen!) und gaben ihnen typisch migrantische Namen wie Ahmet, Dragica oder Chana. Damit wurde die Forderung nach einer Diversity-Quote in den Medien eindrucksvoll gesetzt.
Mehr Sympathie für die Landwirtschaft
„Landwirtschaft mag doch jeder“. Wirklich? Auf jeden Fall hat die selbstfinanzierte Image-Kampagne für Landwirte in Nordrhein-Westfalen in der Kategorie Kampagne von Institutionen & Verbänden den ersten Preis geholt. Im Kontext der gesellschaftlichen Diskussionen rund um artgerechte Tierhaltung und ökologischen Anbau ist es den Machern gelungen, in einer sehr breiten Zielgruppe Sympathiepunkte zu sammeln. Content-Bausteine wie die „Hofgeschichten“ haben 2,2 Millionen Aufrufe generiert. Herzstück der Kampagne ist ein Blog, was mir natürlich besonders gut gefällt (auch wenn die Seite leider keine Dialogfunktion hat).
Corona-Kita-Studie: Krisenkommunikation mit Echtzeitdaten
Sind Kitas Pandemietreiber? Diese Frage konnte das Bundesfamilienministerium dank eines großangelegten datengetriebenen Projektes im vergangenen Oktober mit Nein beantworten. An der Corona-Kita-Studie waren über 12.000 Kindergärten beteiligt, die laufend Testdaten zur Echtzeitauswertung einreichten. Für so viel Mehrwert und Relevanz in einem gesellschaftlich wichtigen Thema wurde die Kampagne in der Kategorie Branchen/Verbände mit dem ersten Platz belohnt.
Fahr Rad! Eine Marke wird zur Kampagne
fahrrad.de will so viele Menschen wie möglich vom Fahrradfahren und seinen Vorteilen überzeugen. Und zwar mit einer Kampagne, „die nicht einfach nur Fahrräder und Radfahrer zeigt, sondern ein aktivierender Aufruf zum Fahrradfahren ist“. Das ist gelungen, fand die Jury, und wählte Fahr Rad! auf Platz Eins in der Kategorie Brand Communications. Schade nur, dass sich die Politik nicht mit einer vergleichbar starken Kampagne für das Thema einsetzt…
Mit Techno und Violine für die E‑Mobilität
Spontan begeistert hat mich persönlich auch die EnBW-Kampagne „Electric Currents“ für E‑Mobilität. Gemeinsam mit dem Musik-Duo „PLACES–A Musical Journey“, machte das Energie-Unternehmen aus dem Summen des E‑Autos, dem Klacken des Ladestecker und dem Rauschen der Ladestation ein wirklich cooles Musikstück. Aufgenommen wurde es am Ladepark in Rutesheim.
Was hat ein Käsesandwich mit flexiblem Glas zu tun?
B2B-Kommunikation muss nicht trocken sein. Zu diesem Thema habe ich kürzlich schon etwas geschrieben. Weg mit den drögen Produktbeschreibungen, hin zu Storytelling und Comedy. Das hat sich der Spezialglashersteller SCHOTT mit der Video-Serie „The Receptionist“ neuerdings auf die Fahnen geschrieben. Dafür gab es den ersten Preis in der Kategorie Chemie & Pharma. Also ich habe sehr gelacht. 😊
Grohe: Digitales Storytelling statt Branchenmesse
Um seine B2B-Zielgruppen zu erreichen, geht auch der Hersteller von Armaturen und Sanitärprodukten Grohe neue Wege – und zwar mit Storytelling auf der Plattform Grohe X. Auslöser war auch hier die Pandemie. Das Unternehmen sagte eine große Branchenmesse kurzerhand ab und bot ein eigenes Event mit 150 Content-Angeboten auf seinem „Erlebnishub“ an. Ein beeindruckender Case – auch wenn es beim DPOK nicht für den ersten Platz reichte.
„Wenn Ihr nicht zu uns kommen könnt, kommen wir zu Euch!“
Meine DPOK Highlights 2021 schließen ab mit einem Case aus München, wo ich lebe. Die Stadt an der Isar kann nämlich sehr stolz sein auf die Kreativität ihrer Bayerischen Staatsoper. Auch sie stand in der Pandemie von heute auf morgen ohne Publikum da. Die Kulturschaffenden des Hauses haben in zahlreichen poesiereichen Formaten unter freien Himmel und besonders digital ein Zeichen gesetzt. Dafür gab’s wohlverdient den ersten Preis in der Kategorie Purpose Driven Communications (Covid-19).
Ganz großes Kino – Verzeihung Oper! 😊 <3
Bild: Canva