Praxisbeispiele für Behörden Blogs — gibt es da eigentlich welche? Ich stelle fünf Blogs von Stadtverwaltungen vor.
- Behörden Blogs Praxisbeispiele — TUG Blog: „Wir wollen zeigen, was wie alles tun“
- München.digital: Portal und Blog rund um Digitalisierung
- Stadt Geestland: Blog als kreative Spielwiese
- Behörden Blogs Praxisbeispiele: Das Bad Nauheim Blog
- Stadtwerke Münster Blog: Aktuelle Einsichten & Service statt PDFs
- Laufende Antworten auf Kundenfragen
In den Online-Präsenzen von Behörden trifft man Blogs nicht oft an. Dabei mangelt es in Stadtverwaltungen, kommunalen Unternehmen oder kulturellen Einrichtungen nicht an Themen und Stories, die für die Öffentlichkeit interessant sind. Bürger:innen mittels Blog einen Blick hinter die Kulissen zu bieten, birgt große Chancen für mehr Sichtbarkeit, Transparenz und auch Akzeptanz – und das mehr denn je.
Häufig führen Kommunikationsverantwortliche der öffentlichen Hand den Mangel an Ressourcen ins Feld, wenn es darum geht, einen eigenen Auftritt für aktuelle Inhalte wie ein Blog zu starten. Dabei wird außer Acht gelassen, dass die Auftritte bei Facebook und Co. ebenfalls betreut werden müssen – und vor allem auf regelmäßigen inhaltlichen Nachschub für neue Beiträge angewiesen sind.
Zudem ist es ratsam, sich nicht allzu abhängig von den wechselhaften Nutzungsbedingungen internationaler Social-Media-Konzerne zu machen.
Nicht DSGVO-konform: Warum der Datenschutz Behörden jetzt richtig Druck macht, ihren Facebook-Auftritt zu löschen
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) stuft Fanpages als gemeinsame Verantwortung nach Art. 26 DSGVO ein. Das bedeutet, dass beide Verantwortliche einen Vertrag über die Datenverarbeitung (DV) abschließen. Die tatsächlichen Verantwortlichkeiten etwa müssen darin klar und transparent aufgeschlüsselt werden. Das geht praktisch nur, wenn beide Seiten sich darüber konkret austauschen.
Genau das verweigert Facebook bis heute. Stattdessen verschickt der Betreiber eine formularmäßige Erklärung, die keinen Vertragscharakter hat und in der abstrakte Beschreibungen zu einzelnen, aber nicht allen DV enthalten sind, die zu Fanpages gehören. Facebook müsste aber transparent alles offenlegen, was konkret erfasst, gespeichert wird etc. Sonst bleibt die Behörde, die das Produkt nutzt, als Mitverantwortliche rechenschaftspflichtig.
Die einseitige Übernahme der Verantwortung durch Facebook funktioniert also nicht. Letztlich hängt es an der Intransparenz der Daten, die über Bürger:innen auf Facebook gespeichert werden.
Auch wenn Blogs in Behörden bislang rar gesät sind: Bei meiner Recherche bin ich dennoch auf interessante Auftritte gestoßen. Einige Redaktionen waren so freundlich, mir etwas über ihr Blog und die damit verbundenen Ziele zu erzählen.
Behörden Blogs Praxisbeispiele — TUG Blog: „Wir wollen zeigen, was wie alles tun“
Das Amt für Technik, Umwelt, Grün (TUG) der Stadt Herrenberg in Schwaben betreibt seit 2013 ein Blog und ist auch auf Facebook, Twitter und Instagram aktiv.
„Wir bloggen, um sichtbar zu machen, was wir alles tun. In die Zuständigkeit unseres Amtes fallen viele Aufgaben, von denen die Öffentlichkeit, und dabei vor allem die Bürger unserer Stadt, wenig oder oftmals sogar gar nichts weiß“, erklärt Amtsleiter Stefan Kraus.
„Als Dienstleister der Stadtverwaltung kümmern wir uns um die Leerung der Mülleimer, um die Pflege der Blumenbeete, Sträucher und Bäume und um die Straßenbeleuchtung. Wir stellen auch Straßenschilder auf, setzen die Brunnen instand, erledigen Transportarbeiten und halten die Spielplätze im gesamten Stadtgebiet in Schuss.“
Wir bloggen, um sichtbar zu machen, was wir alles tun.
Stefan Kraus, Leiter des Amtes für Technik, Umwelt, Grün in Herrenberg
Es geht Stefan Kraus aber auch darum, auf dem Blog und in den Social Media zu zeigen „wie wir tun, was wir tun“. „Wir arbeiten agil, flexibel und teilweise selbstorganisiert. Wir haben beispielsweise federführend für Herrenberg ein LoRaWAN-Netz aufgebaut, verbauen Sensoren in unsere Unterflurmülleimer und nutzen Sensoren auch für den Winterdienst.“ Kraus erhofft sich von der Kommunikation auch einen positiven Effekt für die Mitarbeiter-Gewinnung, was sich bereits gezeigt habe.
Erfahre hier mehr darüber, warum und wie die Hochbahn Hamburg bloggt.
München.digital: Portal und Blog rund um Digitalisierung
München.digital ist seit 2019 online. Seit 2009 berichtet das IT-Blog über die Digitalisierung Münchens – und ist damit ein Urgestein. Das Blog hatte laut Betreiber immer schon eine beträchtliche Reichweite und ging im neuen Portal auf. Das Digitalportal mit Blog sei der zentrale Kanal der Kommunikationsstrategie. Weitere Kanäle: Twitter, Youtube, LinkedIn und das Social Intranet.
„Wir sprechen in erster Linie die Stadtgesellschaft an. Dazu zählen wir Bürgerschaft, Wirtschaft und andere Organisationen Münchens. Eine zweite Zielgruppe sind Behörden, Verwaltungen und die Politik im gesamten DACH-Raum. Auch haben wir einen Karriereteil. Insoweit sind auch Bewerber*innen Zielgruppe“, erklärt Stefan Döring, fachlicher Leiter des Teams Digitale Kommunikation im IT-Referat München.
„Wir wollen Verwaltung und Stadtgesellschaft näher zusammenbringen, Kooperation und Austausch fördern. Daher haben wir die strikte Trennung von internen und externen Beiträgen aufgehoben: Soweit nicht nur Interna behandelt werden, bringen wir die Beiträge auf den Blog und teasern sie im Intranet an.“
Wir wollen Verwaltung und Stadgesellschaft näher zusammenbringen.
Stefan Döring, fachlicher Leiter Team Digitale Kommunikation im IT-Referat München
Die Digitalisierung Münchens stehe unter dem Motto „Für und mit den Menschen”, so Döring. Für die Kommunikation bedeute das vor allem Transparenz, Partizipation und Kommunikation auf Augenhöhe. „Die Menschen, aber auch Organisationen zu informieren und per Kommentar, Feedback und Kooperationen einzuladen, sich zu beteiligen, ist integraler Bestandteil der Digitalisierungsstrategie. Weiteres Ziel ist die Erhöhung der Bekanntheit digitaler Services sowie die Steigerung der Nutzungsraten.“
Stadt Geestland:
Blog als kreative Spielwiese
Das Blog „Einfach.Machen“ der Stadt Geestland in Niedersachen schreibt seit dem vergangenen Jahr über Nachhaltigkeit. Es bietet sogar eine Hörversion der Beiträge an. „Wir berichten vor allem über besondere Aktionstage, um den Bürgerinnen und Bürgern einen Überblick darüber zu geben, wie vielfältig das Themenfeld ist und wie sie selbst einen Beitrag dazu leisten können“ sagt die Blogverantwortliche Sonja Thomas. „Inhalte, die wir auf anderen Unterseiten nicht unterbringen können, finden hier ihren Platz. Wir begreifen den Blog sozusagen als ‚kreative Spielweise‘, auf der wir uns ein bisschen austoben können.“
Behörden Blogs Praxisbeispiele:
Das Bad Nauheim Blog
Das Bad Nauheim Blog ging 2018 online. Es ist aus Sicht des Betreibers, der Bad Nauheim Stadtmarketing und Tourismus GmbH (BNST), vergleichbar mit einem Online-Magazin und wird regelmäßig durch neue Artikel erweitert. Diese können von den Lesern mit einem „Gefällt mir“ markiert, kommentiert und geteilt werden. Veröffentlicht werden die Artikel auf der städtischen Webseite, zusätzlich werden die Beträge im monatlichen Newsletter und auf Facebook angeteasert.
„Wir erzählen von Menschen aus Bad Nauheim und ihren Erlebnissen, Leidenschaften und Ideen sowie von einzigartigen Orten und von lokalen Produkten, ihrer Herstellung und Entstehungsgeschichte“, erklärt Eva Otto von der BNST.
„Im Fokus stehen die Besonderheiten und Geheimtipps Bad Nauheims. Die Blogartikel sollen für die Leser*innen das Lebensgefühl der Kurstadt erlebbar und Lust auf einen Besuch machen, Einheimische entdecken vielleicht bisher Unbekanntes oder finden sich wieder.“
„Es ist gut, eine eigene Plattform zu haben“. Lies hier, warum die Krankenkasse BKK ProVita ein Blog betreibt.
Stadtwerke Münster Blog: Aktuelle Einsichten & Service statt PDFs
Last but not least möchte ich als Teil der Behörden Blogs Praxisbeispiele das Blog der Stadtwerke Münster vorstellen. Es ging 2015 online und gehört damit ebenfalls zu den Blog-Pionieren im kommunalen Bereich. Inzwischen wurden laut Betreiber fast 250 Artikel veröffentlicht. Ich selbst habe seit vielen Jahren den Blog Newsletter abonniert und finde die Inhalte immer wieder ansprechend und spannend.
„Wir wollen Menschen erreichen, die sich für unsere Arbeit interessieren“, berichtet Florian Adler von der Unternehmenskommunikation. „Weil sie täglich mit unseren Bussen fahren, mehr über unseren Ökostrom oder das Trinkwasser wissen wollen, gerne bei uns arbeiten möchten oder sich einfach für die Energie- und Mobilitätswende interessieren. Früher hätten sie zum PDF des eigentlich gedruckte Kundenmagazins greifen müssen, heute kann ein Blog das deutlich flexibler erfüllen und bietet sogar noch Dialog-Möglichkeiten.“
Mit dem Blog können wir die Mauern transparent machen und Interessierte hinter die Kulissen blicken lassen.
Florian Adler, Unternehmenskommunikation Stadtwerke Münster
Als kommunales Energie- und Mobilitätsunternehmen seien die Stadtwerke für jede Münsteranerin und jeden Münsteraner im Einsatz. Doch „ein großer Teil der Arbeit von Stadtwerken findet hinter den Zäunen der Betriebshöfe, den Mauern von Wasserwerken, Kraftwerken und Werkstätten statt“, so Adler. „Das finde ich schade, weil dort so gute Arbeit geleistet wird. Mit dem Blog können wir die Mauern transparent machen und Interessierte hinter die Kulissen blicken lassen. Wenn sie wissen, was wir eigentlich alles machen, können sich die Bürgerinnen und Bürger viel besser mit ihren Stadtwerken identifizieren und verstehen auch besser, warum manches so läuft wie es läuft.“
Laufende Antworten auf Kundenfragen
Ist das Blog Teil einer Content-Marketing-Strategie? „Aus dem Blog hat sich unser Content Marketing entwickelt“, erzählt Adler. Mit www.umziehen.ms sprechen wir zum Beispiel gezielt Menschen an, die nach oder in Münster umziehen.“
Adler weiter: „Im Blog selbst beantworten wir auch immer wieder Fragen, die uns häufig gestellt werden. Das geht in einem eigenen Artikel ausführlicher als auf der Homepage. Für die Kundinnen und Kunden ist das gut, weil ihre Frage nach einmal googeln beantwortet ist, gleichzeitig reduziert es den Aufwand im Kundenservice. Der typische Münsteraner ist ja viel mit dem Fahrrad unterwegs. Manchmal muss das Rad aber mit in den Bus. Im Blog finde ich alles dazu, ich muss nicht extra anrufen und nachfragen.“
Du kennst weitere Praxisbeispiele für Behörden Blogs, die du empfehlen würden? Ich freue mich über deinen Tipp hier in den Kommentaren!
Bild: Canva