Immer mehr Unternehmen stellen ihre Social-Media-Aktivitäten auf solidere Füße, indem sie Budgets freischaufeln und “Social Media Manager” einstellen. Auf den ersten Blick ist das eine positive Entwicklung, und ich freue mich für alle Kolleginnen und Kollegen, die eine derart spannende Aufgabe übernehmen. Aber es gibt aus meiner Sicht auch einige kritische Fragen, die mit diesem Trend verbunden sind:
- Versuchen Unternehmen, das Thema “wegzudelegieren”, indem sie (nur) einen Hauptverantwortlichen dafür benennen? Das wäre eine kurzsichtige Investition. Ein weiteres Silo innerhalb der Organisation sollte Social Media auf keinen Fall werden. Es handelt sich um ein querschnittliches Thema, das die Akzeptanz und den Buy-In der gesamten Organisation braucht. Alle wichtigen Stakeholder — von der Geschäftsleitung bis zum Betriebsrat — müssen an Bord geholt und vom Nutzen der dialogischen Kommunikation überzeugt werden. Es gilt, valide Einwände mit validen Argumenten auszuräumen. Sonst wird die Initiative am Ende wenig Erfolg haben — und die Skeptiker im Unternehmen fühlen sich bestätigt.
- Mit Punkt 1 im engen Zusammenhang steht die Frage, welche “Profile” die Unternehmen für die neue Aufgabe “Social Media Manager” suchen. Sind es junge Kollegen, die im “Social Web” quasi zuhause sind, dann ist das schön und bringt neuen Wind ins Unternehmen. Aber das allein reicht nicht. Wenn das erfolgskritische Buy-In gelingen soll sowie auch die Definition von konkreten Zielen, die via Social Media Engagement erreicht werden sollen, braucht der neue Kollege aller Voraussicht nach die tatkräftige Unterstützung von erfahrenen Profis — sei es aus PR, Marketing, Personal oder Vertrieb. Sonst erleidet er das Schicksal eines “Königs ohne Land”.
- Der Ausdruck “Social Media Manager” ist kurz und knackig. “Manager für Social Media Kommunikation” würde die Sache viel besser treffen. Warum? Manche Unternehmen vergessen im Eifer des Gefechts: Erst kommen die Ziele, dann die entsprechende Kommunikationsstrategie und dann die Mittel, etwa Social Media. Ich höre immer wieder, dass Posten für Social Media Manager neben der klassischen Unternehmenskommunikation geschaffen werden und ein großartiger Austausch zwischen den Disziplinen gar nicht vorgesehen ist. Das halte ich für einen Konstruktionsfehler — zumal Konflikte zwischen “alten und neuen Hasen” vorprogrammiert sind.
Fazit: Mehr Ressourcen zu schaffen für das Thema Social Media ist eine gute Sache. Dabei ist es wichtig, dass Social Media Verantwortliche von Anfang an eine solide Anbindung an alle wichtigen Stakeholdern und Abteilungen haben. Es geht um Unternehmensziele und Kommunikation — und nicht um Kanäle.
P.S.: Noch besser würde mir der Arbeitsbegriff “Enabler für Social Media Kommunikation” gefallen. Denn die Zeiten, in denen die Unternehmenskommunikation von einigen wenigen betrieben wurde, sind vorbei. Heute sind mehr denn je Experten gefragt, die ihre Vorgesetzten und Kollegen beraten und anleiten, damit diese im Social Web möglichst sicher und gewinnbringend für das Unternehmen kommunizieren können.
Christian Buggisch says
Schön zusammengefasst! Ich denke, gerade in größeren Unternehmen geht es mittelfristig nicht ohne jemanden, der sich speziell um Social Media kümmert (ob man ihn dann Social Media Manager nennt, sei dahingestellt). Das nötige Know-how dezentral vorzuhalten geht nicht, dazu ist das ganze Thema zu komplex und dynamisch. Zentrale Aufgabe desjenigen muss es dann sein (und ist es bei uns im Unternehmen), gerade kein Silo zu sein, sondern die nötige Vernetzung und Verbreitung im ganzen Unternehmen sicherzustellen. Aber auch dafür braucht man ab einer gewissen Größe jemanden, der sich um nichts anderes kümmert. Und nochmal ja: es darf kein zu junger Kollege sein (und natürlich schon gar nicht der Azubi oder Praktikant) — man braucht dafür einen erfahrenen Menschen, der die Komplexität handhaben und das Thema auch vor dem Vorstand vertreten kann — dazu gehört für mich eine gewisse Vorgeschichte und Berufserfahrung …
Michael Konitzer says
Erfahrung ist gut, aber jung geblieben, wäre absolut kein schädliches Merkmal…
Meike Leopold says
Hallo Christian, danke, ich bin ganz bei dir: es braucht für diese Aufgabe jemanden mit Erfahrung und Standing PLUS jugendlichen Leichtsinn. Ich denke, ihr seid da gut unterwegs. 🙂