Social Media in der Unternehmens-kommunikation? In der PR- und Marketing-Community hat sich was das Thema betrifft schon länger eine gewisser Überdruss bzw. eine Übersättigung breit gemacht.
Das ist aus diesen drei Gründen verständlich:
- Der Hype ist vorbei. Über Social Media ist in den vergangenen Jahren vieles (wenn auch sicher noch nicht alles und nicht von jedem) gesagt worden. Das ist gut, denn so dürfte sich auch der letzte Unternehmer in Hintertupfingen zumindest einmal gefragt haben, ob er Facebook braucht oder twittern sollte.
- Die Träumer sind aufgewacht. Viele, die beruflich mit Social Media zu tun haben, sind wieder auf dem Boden der Tatsachen angekommen — ob auf Berater- oder auf Unternehmensseite. Sei es, weil die damit verbundenen Hoffnungen auf eine transparentere, glaubwürdigere und damit auch sinnvollere Unternehmenskommunikation sich nicht oder nur teilweise erfüllt haben. Weil es keine Budgets gibt. Oder weil das Thema innerhalb des Kommunikationsmixes und auch des gesamten Unternehmens nicht wirklich als relevant wahrgenommen wird. Man braucht Facebook halt, denn das haben doch alle — und ansonsten schreibt man sich weiter E‑Mails. Dazu ein äußerst erhellendes Zitat von Brian Solis: Doch dann passierte etwas Seltsames. Die Unternehmen, die sich Social Media zu eigen machten, machten sich nicht die Philosophie und den offenen Charakter sozialer Medien zu eigen. Stattdessen wandten sie weiter ihre vertrauten Marketing- und Sales-Abläufe an, nur eben über neue Kanäle. Soziale Medien wurden zum bloßen Werkzeug degradiert, statt eine wirklich neue unternehmerische Perspektive zu eröffnen.
- Dauernd über Social Media zu sprechen ist ohnhin irreführend und ein Ansatz, der schlicht in die Sackgasse führt. Es geht überhaupt nicht um Social Media. Vielmehr geht es um “um erfolgreiche Kommunikation mit den Medien, die derzeit zur Verfügung stehen”. Dieser Feststellung von PR-Doktorin Kerstin Hoffmann, deren neues Buch “Web oder Stirb” ich gerade mit großem Vergnügen lese, kann ich mich nur anschließen.
Social Media hin oder her — der Informationsbedarf bleibt riesig
Ähnlich habe ich es neulich im Gespräch mit Silvia Hänig formuliert: “Eines hat sich nicht verändert. Das ist die zentrale Frage: wofür steht unser Unternehmen und was müssen wir an wen kommunizieren. Das vergessen heute viele Social Media Manager. Für sie zählen oft nur Kanäle, die neuesten Technologien und Funktionen. Man vergisst da leicht, dass auch Social Media in erster Linie eine Kommunikationsaufgabe ist, die auf das Unternehmensziel einzahlen muss. Nur auf diesem Fundament kann auch die soziale Kommunikation fußen.”
An dieser Stelle weise ich übrigens gerne nochmal auf den Ratgeber “Erste Hilfe für Social Media Manager” hin, der voller wertvoller Praxistipps für Social Media Manager steckt, die in ihrem Job wirklich etwas erreichen wollen.
“Zwar setzen bereits drei Viertel der deutschen Unternehmen Social Media auf die eine oder andere Weise ein, viele Firmen sind jedoch noch unsicher, welche Art von Engagement für sie wirklich sinnvoll ist und welche strategische Vorgehensweise sich für sie am besten eignet”, stellt der BITKOM fest.
Guter Rat in Sachen “Social Media” ist also weiterhin gefragt — das beweist auch der Run auf die gerade erschienene Neuauflage des BITKOM Social-Media-Leitfadens, die innerhalb von nur einer Woche schon über 5000 Mal heruntergeladen wurde. Ich vertrete darin übrigens die Themen “Corporate Blogging” (ab Seite 40) sowie “Mitarbeiter als Markenbotschafter im Netz (ab Seite 79).
Lukas meint
Sehr gute und verständliche Position zum Social Media für Unternehmen. Ich lese immer wieder, welche Chancen Unternehmen durch neue Social Media Plattformen haben, von Instagram bis zu Snapchat. Oft vergisst man dabei aber, dass nicht alle Plattformen auch für jedes Unternehmen geeignet sind. Gerade für Dienstleistungsunternehmen ist es beispielsweise weitaus schwieriger, Instagram immer wieder mit interessanten Bildern zu füttern als für ein Modeunternehmen. Und das nötige Budget darf man ja auch nicht vergessen. Um all die Kanäle auch wirklich zu pflegen, kann man das nicht nebenbei vom Praktikanten erledigen lassen. Da ist mir eine Fanpage auf Facebook auf der zeitnah alle Kundefragen beantwortet werden, jedenfalls lieber als ein halbes Dutzend Kanäle auf trendigen Plattformen, die dann aber verwahrlost sind.
Patrick meint
In dem Artikel wurden das Thema Social Media sehr schön erfasst. Leider war es, wie bei jedem neuen Begriff, auch hier so, dass das Wort schlicht irgendwann verbraucht ist und der Hype vorbei ist. So wird sich nach und nach auf die Kerneigenschaften des Wortes besonnen und sich zum ersten mal richtig damit beschäftigt. Die Tatsache, dass sich viele Menschen erst mit einem bestimmten Begriff wirklich beschäftigen, sobald er geläufig ist, bewegt doch zum Nachdenken.