Kommunikationsberater brauchen Aufträge. Dafür müssen sie ab und zu die Welt neu erfinden oder es zumindest versuchen. Das jüngste Beispiel dafür liefert dieser Beitrag des Kollegen Mike Schnoor bei Haufe. Der Trick dahinter: Schneiden wir doch einfach mal vermeintlich alte Zöpfe ab und bieten dafür etwas angeblich ganz Neues an. In diesem Fall hat es – mal wieder – die Unternehmensblogs getroffen. Die These: Blogs sterben aus, Online-Magazine sind viel toller und haben viel mehr Vorteile!
Corporate Blogs als Orte der Nabelschau? Das war gestern!
Der Autor schreibt über Blogs: „…die auf Mitarbeiter persönlich reflektierten Geschichten, ihre Karrierewege oder Anekdoten aus den Unternehmen interessieren immer weniger Nutzer.“ Mit konkreten Zahlen belegt er das nicht. Wie viele Corporate Blogs der Autor sich wohl angeschaut hat? Egal, jedenfalls hat sich die digitale Welt definitiv weitergedreht.
Karriere-Blogs sind heute nur eine von vielen Spielarten, wie auch meine Umfrage #blogfuture unter Corporate Bloggern gezeigt hat. Und erst kürzlich haben 75 Prozent der Teilnehmer einer europaweiten Studie des Inbound-Experten Hubspot bestätigt: „Blogging ist das effektivste Content-Marketing-Instrument“. Dass sich der Erfolg nicht von selbst einstellt, wissen alle Blog-Profis. Das A und O besteht darin, vom Leser her zu denken und nutzwertige Inhalte zu bieten.
Was genau ist der USP von Online-Magazinen?
Weiter heißt es bei Mike Schnoor: „Im Vergleich zu einem Blog bringen Corporate Magazines grundsätzlich ähnliche Vorteile. Mehr Corporate Identity für Unternehmen und Mitarbeiter. Höhere Kompetenz in Social Media. Personalisierte Kommunikation durch ein Unternehmen. Ansprache neuer Kunden. Optimale Voraussetzungen für SEO und damit die Auffindbarkeit über Google. Echte eigene und dauerhafte Inhalte erstellen. Unabhängigkeit von den wechselwilligen Umfeldern der Fanpages. Im Grunde genommen nichts Neues“.
Genau, nicht wirklich neu. Aber eine wunderbare Beschreibung der vielen Vorteile, die Corporate Blogs haben. 🙂
@Leopom Bloggen ist doch wunderbar für Inhalte, Service und Image. Siehe keksblog.de. Um nicht mein https://t.co/lnz7lGtXaX zu nennen 😉
— junirio (@junirio) 14. Juli 2016
Und wo bleibt nun das Alleinstellungsmerkmal von Online-Magazinen? Versuchen wir es mal damit:
„Die großen Akteure aus klassischen Industriezweigen haben verstanden, dass sie inhaltsgetrieben arbeiten müssen und sich deutlich breiter aufstellen sollten, als nur das eigene Produkt- und Leistungsportfolio in einem Corporate Magazine zu bespielen.“
Das wäre sehr begrüßenswert! Bloß fehlt auch in dieser Aussage der Gegensatz zu Unternehmensblogs. Alle erfahrenen Corporate Blogger wissen heute, dass sie mit ihren Inhalten konsequent die Perspektive der Leser einnehmen müssen.
Einbahnstraßenkommunikation ist wieder hoffähig
Wenn das so ist, haben wir es bei den sogenannten Online-Magazinen wohl mit einem Fall von „alter Wein in neuen Schläuchen“ zu tun, oder?
Allerdings beschleicht mich der Verdacht, dass zwischen den Zeilen des Artikels doch noch mehr steckt. Wenn wir uns die Praxisbeispiele von Online-Magazinen anschauen, die Mike Schnoor nennt, geht es vor allem um „Weiterentwicklungen“ von Blogs, die allesamt die gute alte Einbahnstraßenbeschallung wieder haben aufleben lassen. (Dass einige davon, etwa Curved, in der Blogosphäre noch aus ganz anderen Gründen ziemlich unbeliebt und umstritten sind, lassen wir mal außen vor). Das Zauberwort lautet dabei gerne: „mobiloptimiert“. Und der Dialog? Bleibt auf der Strecke.
Der unschlagbare Charme von Blogs besteht darin, dass sie Dialog- UND Content-Plattform in einem sind. Wer einfach wieder auf die gute alte Hochglanzkommunikation umschaltet, verpasst die Chance, rund um sein Blog oder Magazin eine lebendige Community aufzubauen. Je nutzwertiger, lebendiger und auch kontroverser auf dem Blog kommuniziert wird, desto mehr werden sich die Besucher dort zu Wort melden.
Der Autor behauptet: „Jedes Corporate Magazine kann eine echte Community zum Leben bringen.“
Wenn dem so ist: Warum dann nicht gleich ein Blog? 😉
Sven Lennartz says
Hallo Meike,
da hast du völlig recht. Die Unterschiede zwischen Blog und Magazin sind fließend. In vielen Fällen könnte man wohl einfach das Etikett austauschen, das reicht um aus einem Corporate Blog ein Magazin zu machen. Irgendeinen Nutzen dürfte das nicht haben.
Zu den Unterschieden zwischen Blog und Magazin hatte ich mir auch schon Gedanken gemacht. Falls ein Link erlaubt ist: https://conterest.de/blog-oder-online-magazin/
Bloggige Grüße
Meike Leopold says
Danke Sven! Ich hab mich geärgert, weil das eine so durchschaubere Neuetikettierung war. lg, Meike