„Mit Social habe ich nichts am Hut!“ „Metaverse? Noch nie gehört!“ „Wir schreiben dazu eine Pressemeldung!“ Selbst, wenn sie nicht mehr per Fax, sondern E‑Mail versendet werden: Sind Pressemitteilungen heute noch das Mittel der Wahl? Lesen Sie hier, warum die Unternehmenskommunikation frischen Wind braucht.
Die Medien sind heute nur EIN Stakeholder unter vielen
Eigentlich sollte es sich unter Kommunikator:innen längst herumgesprochen haben: Die Unternehmenskommunikation muss in der neuen Zeit ankommen, um relevant zu bleiben und zum Unternehmenserfolg beizutragen. Es sollte inzwischen doch klar sein, dass die Medien heute nur noch EINE Anspruchsgruppe unter vielen sind. Zudem nimmt deren Relevanz weiter ab.
Heute reicht das Spektrum der Stakeholder in der Kommunikation von Bewerber:innen, Stichwort #Fachkräftemangel, über Mitarbeitende bis hin zu den Kunden. Damit ändern sich auch die Formate und Kanäle in der Kommunikation. Die Meinungsbildung in der Öffentlichkeit ist viel komplexer und noch unkontrollierbarer geworden ist, weil heute jede/r Sender und Empfänger im Internet sein kann. Darauf müssen Unternehmen flexibel und agil reagieren können – etwa mit Blick auf drohende Shitstorms.
Erst Pressemeldung, dann Tweet?
Bei manchen Presseverantwortlichen beobachte ich allerdings folgende Haltung: Social Media werden bespielt, weil, „das gehört nun einmal dazu“. Nicht selten passiert das aber nur, um der Chronistenpflicht nachzukommen. Ganz vorne steht immer noch die Pressemeldung. Und erst wenn die „raus“ ist, kommt der dazu gehörige Tweet. Auch wenn mir Andere das Thema dann wohlmöglich längst weggeschnappt haben.
Zweifellos gibt es heute auch viele leuchtende Beispiele für eine erfolgreiche, digitale Unternehmenskommunikation, die auf der Höhe der Zeit ist – der Deutsche Preis für Onlinekommunikation zeigt das jedes Jahr aufs Neue. Aber es ist auch noch erstaunlich viel Luft nach oben. Um mehr frischen Wind in die Unternehmenskommunikation zu bringen, müssen allerdings einige hartnäckige Glaubenssätze aufgegeben werden.
Wer kann gute Geschichten erzählen, wenn nicht die PR?
Das Marketing kümmert sich um die Kunden: Ein gefährliches Silo-Denken! Nur so konnte es passieren, dass viele Content-Budgets zum Missfallen der Unternehmenskommunikation über die Jahre ins Marketing abgewandert sind. Dabei ist die redaktionelle Arbeit, das Denken in Themen, der Instinkt für gute Geschichten, ein ureigenes Kompetenzfeld von PR-Leuten – oder sollte es zumindest sein. Neue Formate wagen, Stories erzählen – eine wichtige Voraussetzung dafür ist die Öffnung hin zu neuen Zielgruppen und deren Bedürfnissen.
Die ursprüngliche Mission der Public Relations, das Unternehmen möglichst gut dastehen zu lassen ist ok. Aber nur dann, wenn sie mit den Anforderungen an eine zielgruppenorientierte Kommunikation zusammenpasst. Und die erfordert vor allem eines: Die Fähigkeit zum Perspektivenwechsel. Wer spannende, relevante Geschichten liefert, bei dem klopft dann auch die Presse gerne an. Und für das Thema Silo gilt: Im optimalen Fall ziehen PR und Marketing an einem Strang, indem sie ihre verschiedenen Kompetenzen einbringen und eng zusammenarbeiten.
Frischer Wind für die Unternehmenskommunikation: Die Musik spielt im Netz!
Unsere Stakeholder lesen nur Zeitungen: Man könnte meinen, dass manche PR-Verantwortliche von sich auf andere schließen, wenn sie so etwas behaupten. Dabei sind heute ALLE im Netz unterwegs! Ein Beispiel: Kommunalpolitiker:innen werden gerne als Social-Media-Muffel dargestellt, die nur über lokale Blätter erreichbar seien. Dabei finden sich allein bei LinkedIn 87.000 Profile mit der Jobbeschreibung Bürgermeister:in!
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Dazu kommt: Wer (noch) nicht online aktiv ist, der schaut zumindest seinen Kindern über die Schulter, wenn die bei Tiktok & Co. unterwegs sind. Es soll schon Vorständ:innen gegeben haben, die sich allein deswegen doch einmal in „diese Social Media“ begeben haben. Entscheider:innen aus allen Branchen werden spätestens dann alle online sein, wenn die sogenannten Boomer (zu denen ich auch gehöre) in den Ruhestand gehen. Also demnächst. Diese Entwicklungen müssen sich in einer zeitgemäßen Unternehmenskommunikation glaubwürdig widerspiegeln.
Für Social Media haben wir keine Zeit: Dann ist es höchste Zeit, sich die aktuelle Verteilung der Aufgaben und Ressourcen im Team anzuschauen! Folgende Fragen sollten dabei gestellt und ehrlich beantwortet werden: Brauchen wir noch x Pressesprecher, die damit beschäftigt sind, Pressemeldungen zu schreiben oder Journalistenanfragen zu beantworten? Inwiefern muss sich deren Zuständigkeitsbereich verändern, um neuen Aufgaben wie Themenplanung für Content oder Community Management bei Twitter & Co. gerecht zu werden? Können wir schlankere Abstimmungsprozesse etablieren, um schneller und agiler zu kommunizieren – vor allem im Social Web? Welche Fortbildungsangebote müssen wir machen, damit die Kolleg:innen im Bereich digitalen Kommunikation gut aufgestellt sind?
Ein roter Faden für die Kommunikation ist erfolgskritisch
Grundsätzlich gilt: Für die gesamte Kommunikation braucht es einen roten Faden. Das heißt: Es sollte jederzeit Klarheit darüber herrschen, WAS WEM vermittelt werden soll. Anfragen, die nicht zielführend sind, lassen sich dann dementsprechend beantworten oder auch an die richtige Stelle weiterleiten. Damit Kommunikationsteams nicht zu Getriebenen von spontanen Vorstandsideen werden, ist zudem eine Themenplanung auf Grundlage der Kommunikationsstrategie erforderlich. So setzt das Unternehmen aktiv seine Themen und spielt diese über die jeweiligen zielgruppengerechten Formate aus – etwa mit Hilfe eines Newsrooms. Damit lässt sich langfristig auch das Image eines Unternehmens steuern und verbessern.
Fazit: Die Unternehmenskommunikation muss sich verändern, um relevant zu bleiben. Das gilt auch für diejenigen, die sie steuern. Die Öffnung für neue Zielgruppen sowie neue, digitale Formate und Kanäle ist dringend notwendig, ja überfällig. Bei einer erfolgreichen Transformation in Richtung digitale Kommunikation hilft der Öffentlichkeitsarbeit eine klare Strategie sowie eine Besinnung auf die eigenen redaktionellen Kernkompetenzen.
Wie bringen Sie Ihre Unternehmenskommunikation auf Digitalkurs? Ich freue mich auf Ihren Kommentar dazu!