“Ich halte Unternehmensblogs für einen der größten Irrtümer der Kommunikationsbranche der letzten 10 Jahre.” Marketier Nico Lumma weiß, wie man als Blogger die größtmögliche Aufmerksamkeit bekommt: Er haut erst mal ordentlich drauf. Genauso müssten es Corporate Blogger auch machen! Stattdessen werden Authentizität, Glaubwürdigkeit, Nähe zur “Zielgruppe” auf deutschen Unternehmensblogs vielfach zwar simuliert, aber nicht wirklich zugelassen. Schade!
Egal ob B2B- oder B2C-Blog. Viele Firmenblogger inklusive meinereiner werden zähneknirschend einräumen müssen, dass Lummas Suada gegen fade, nichtssagende Firmenblogs mit langweiligen Inhalten und dementsprechend wenig Kommentaren nicht abwegig ist. Warum aber ist die Sachlage so wie sie ist?
- Weil die Blog-Ziele nicht klar definiert sind
- Weil auf den Blogs in den seltensten Fällen heißen Eisen angefasst werden
- Weil das Projekt Unternehmensblog in den meisten Fällen halbherzig angepackt und im Unternehmen nicht mit Überzeugung und Leidenschaft vorangetrieben wird
- Weil das Blog als Abraumhalde missbraucht wird für Inhalte, die es nicht in die Pressemeldung geschafft haben
- Weil kein Abgleich zwischen Innen- und Außensicht stattfindet — was wollen wir sagen, was aber interessiert die Leser?
- Weil nicht genügend Mittel und Ressourcen in die Produktion von hochwertigen “coolen Stories” (Lumma) auf dem Unternehmensblog investiert werden
- Weil die Kollegen nicht davon überzeugt werden konnten, wie sie vom Bloggen profitieren können
- Weil die Kollegen nicht explizit zum Bloggen ermutigt werden (“Das kannst du ja schnell am Wochenende machen”)
Unternehmensblogs zu DEM Anlaufpunkt im Netz machen
Fazit: Unternehmensblogs erfordern eine sorgfältig durchdachte, klare Kommunikationsstrategie (die laufend an der Wirklichkeit gemessen wird). Sie erfordern genügend Aufwand und Investitionen, um bei den Lesern mit relevanten Inhalten zu punkten. Und sie brauchen Manager, die im Unternehmen für das Thema einstehen — ja, sich dafür regelrecht begeistern! Die mit gutem Beispiel vorangehen und selbst bloggen — und zwar so oft wie möglich. Und dabei nicht permanent von ihrer PR-Abteilung eingebremst werden.
Gerade mit Blick auf die sogenannten Influencer Relations haben Unternehmensblogs das Zeug, die althergebrachten Formen von Presseverlautbarungen abzulösen und zu DEM Anlaufpunkt schlechthin zu werden, der Insider-News aus Unternehmen bietet. Das kann zum Beispiel funktionieren, wenn der Firmenchef erklärt, warum seinem Unternehmen der Wind ins Gesicht bläst und wie er gedenkt, damit umzugehen. Oder wenn er ein Haudrauf-Statement à la Lumma zum Marktgeschehen auf dem Blog veröffentlicht. Oder wenn der Entwicklungschef auf dem Blog einen ersten Blick auf das neue Produkt erlaubt. Oder wenn der HR-Chef erklärt, welche Strategie das Unternehmen angesichts seiner immer älteren Belegschaft fährt. Undundund.
5 Fehler, die ein Unternehmensblog garantiert killen
- Der Maulkorb: Für weichgewaschene Inhalte gibt es die Pressemeldung, die Firmenbroschüre oder die Website.
- Angst vor Kritik: Wasch mir den Pelz aber mach mich nicht nass — das funktioniert auf einem Unternehmensblog nicht.
- Halden-Denken: Zweitrangige Inhalte auf dem Blog recyceln ist öde — der Spieß gehört umgedreht!
- Hochglanz-Marketing: Unser Produkt ist so toll, seht das doch endlich ein — wer braucht das?
- SEO first: Das Blog ist nur eine “Inbound Marketing Engine”, die Traffic auf die Firmen-Website treibt? Legitimer Ansatz, aber mit bloggen hat das nichts zu tun.
Lets face it: Viele Unternehmensblogs sterben einen stillen Tod, weil einer oder gleich mehrere dieser Fehler gemacht wurden. Auf dem Bloggertreffen (!) in München habe ich allein von zwei ambitionierten Blog-Projekten erfahren, die begraben wurden. Um beide Unternehmensblogs ist es jammerschade, weil sie gute Ansätze hatten und von den Blog-Verantwortlichen mit viel Mühe und Liebe betrieben wurden. Aber das allein reicht leider nicht…
So, jetzt aber genug des Dunkeltutens: Lasst bloß nicht die Köpfe hängen oder blast euer geplantes Blogprojekt ab, weil der Lumma so gelästert hat!
Macht es einfach (noch) besser!
Steckt viel Grips und Liebe in euer Blog-Projekt!
Greift euch die Manager und Kollegen und holt sie an Bord!
Vertretet das Blogprojekt mit Selbstbewusstsein, Verve und Überzeugung!
Fordert das nötige Commitment im Unternehmen ein und sichert euch Ressourcen und Budget!
Redet mit den Lesern!
Und dann: Leinen los und viel Erfolg!
Was ein Unternehmensblog erfolgreich macht, erfahrt ihr in meinem Buch
Die Blog-Studie, die all das Gemecker ausgelöst hat, findet ihr hier
Ein aktuelles Interview mit mir zum Thema Corporate Blogs findet ihr hier.
Und meinen Ausblick 2014 zu Unternehmensblogs findet ihr hier
Frank Facius says
Vorsicht SENF!
Scharfer oder süßer? Oder ist die Frage eher, wo soll er drüber? Ist es nicht so, dass das Befüllen eines Blogs, sei es nun für Unternehmen oder privat Personen, auch eine Frage der Fähigkeit ist Inhalte zu erstellen? Texte schreiben, Bilder und Videos so zu produzieren, dass sie spannend genug sind, um Beachtung zu finden, ist keine Kleinigkeit. Schreiben, Photos machen oder mit der Handycam draufhalten ist nicht das Problem. Das, was Unternehmen oft schwer im Magen liegt, ist der Inhalt der Botschaft. Wenn ich zu Beginn mit dem Briefing auflaufe, dann berühre ich offene Wunden. „Zielgruppe? Was wir sagen wollen? Wo wir den Nutzen sehen? Was wir selbst erreichen möchten?“ Fragen, die fast immer Stress erzeugen, weil man keine wirklichen Antworten hat. Ich höre dann immer öfter: „Schreiben Sie doch erstmal, …!“ Und wenn schon ein Problem mit dieser Aufgabenstellung habe, dann mag ich gar nicht an die Bauschmerzen der armen Angestellten denken, die sich „nebenbei und wenn mal Luft ist“, einen schönen Text ausdenken sollen.
Und so sind wir schon auf dem Weg ins Content Marketing … Um es jedoch abzukürzen: Der Leser würde sich ja schon freuen, wenn er im Blogbeitrag etwas finden könnte, was ihm „etwas bringt“. Wer mit der Motivation „Ich möchte Nutzen und Mehrwert bieten“ an die Konzeption der Inhalte geht, wird auf Dauer auch Leser finden – vorausgesetzt er ist aktiv dabei seine Inhalte zu promoten. Ich seh schon, das führt schon wieder alles viel zu weit.
Ein guter, von mir aus auch Unternehmensblog, bedeutet grundlegend ein gerütteltes Maß an Einsatz – und der ist immer mit Kosten verbunden. Kosten, die wiederum nur ungern investiert werden – weil man von der „Wirkung“ nicht so recht überzeugt ist. Ein Blog ist, wenn er wirksam und nicht nur Deko sein soll, immer auch ein Projekt – mit allem Zipp und Zapp. Zipp = Geld und Zapp = Arbeit.
In der Summe ist der Unternehmer unwissend bezüglich der Möglichkeiten, die ihm ein Blog bietet. Weswegen er hier nicht investiert – weder Zipp noch Zapp. Das Ende vom Lied ist, eine trockene Wurst ohne Senf – egal von welcher Sorte.
Meinen Senf habt ihr ja nun. 😉
Fabian Niesen says
Die Aussage:
“Weil die Kollegen nicht explizit zum Bloggen ermutigt werden (“Das kannst du ja schnell am Wochenende machen”)”
Kenne ich, die kann bei vielen Mitarbeitern ein echter Mutivationskiller sein.
Viele der Problematiken kenne ich auch von Blogs die ich berate, da ist leider zu viel dran. Danke für diesen Artikel, jetzt weis ich wenigstens das ich mit meiner Wahrnehmung nicht alleine dastehe.
Angela D. Kosa says
Hach, ist das schön und spricht mir aus der Seele: Der Blog ist Bühne 😉 !!! Let’s perform & act !
Nico Lumma says
ich habe nicht gelästert, ich wollte zur Diskussion anregen.
Meike Leopold says
Lieber Herr Lumma, das ist Ihnen gelungen! Ich habe mir daher erlaubt, auch ein wenig zuzuspitzen 🙂
Nico Lumma says
🙂