Die Crème de la Crème der Blogszene schaute bei Rock the Blog auf der CeBIT 2015 vorbei. Die Erstausgabe des Events bot ein riesiges Themenspektrum — von Geldverdienen mit dem Reiseblog über Corporate Blogging bis hin zu Influencer Relations.
In meinem Vortrag zum Thema “Bier oder Blog” ging es mir — einmal mehr — darum herauszuarbeiten, dass es in der Unternehmenskommunikation NICHT um Medien oder Kanäle, sondern zunächst um das Herausarbeiten von Kommunikationszielen, Zielgruppen und Botschaften geht. Die vorauseilende Aussage: “Ihr braucht ein Blog” oder “Ihr müsst auf Facebook” macht daher überhaupt keinen Sinn. Erst muss geklärt werden, wohin die Reise gehen soll. Dann kommt die Überlegung, über welche Wege sich die Kommunikationsziele vermutlich am besten erreichen lassen.
Klingt simpel — ja beinahe langweilig — vor allem für Kommunikationsprofis! Warum also werden trotzdem immer wieder Websites gebaut, bei denen quasi im letzten Moment for dem Go Live auffällt, dass sie noch mit Blindtext befüllt sind? Und dann müssen es Texter für ein paar Euro die Stunde im Schweinsgalopp herausreißen — selbstverständlich streng nach dem Design, das leider bereits vorgegeben ist. Oder warum gehen Firmenblogs online, die schnell wieder von der Bildfläche verschwinden? Weil von Anfang an niemand im Unternehmen so genau wusste, was er damit überhaupt erreichen will und wie das am besten zu bewerkstelligen ist! Diese Liste ließe sich endlos fortsetzen.
Firmenblog oder Freibier?
Also lautet die Frage für Unternehmen frei nach Shakespeare: To blog or not to blog? Denn je nachdem, was die Kommunikationsanalyse ergibt, könnte ja auch herauskommen, dass eine regelmäßige Einladung der wichtigsten Kunden in die Allianzarena mit reichlich Freibier mehr Geschäftserfolg bringt?
Freilich hat ein durchdachtes und professionell geführtes Unternehmensblog eine Menge Vorteile und viel Potenzial für die Unternehmenskommunikation:
- Sales Support: Neue Kunden gewinnen und durch nutzwertige, informative Inhalte binden
- PR: Themen setzen und damit die Sichtbarkeit und Relevanz der Marke im (Social) Web verbessern
- Content Marketing: Eine zentrale, stets aktuelle Drehscheibe für Online-Inhalte schaffen und damit u.a. die Sichtbarkeit in den Suchmaschinen und auf Social erhöhen
- Employer Branding: Das Unternehmen „anfassbarer“, transparenter und interessanter machen – beispielsweise für potenzielle Mitarbeiter
- Community Building: Dialog auf Augenhöhe mit Stakeholdern des Unternehmens führen
Beim Bloggen das ganz große Rad drehen!
Wenn das genügend gute Gründe sind, ein Firmenblog zu launchen, dann ist das natürlich erfreulich! Aber dann bitte anschließend nicht im Anschluss den Fehler machen, im “klein-klein” steckenzubleiben. Negativ-Beispiel: Ein Unternehmensblog halbherzig mit der Hilfe von unerfahrenen Mitarbeitern oder mit Dienstleistern betreiben, die keine Erfahrung oder Guidance aus dem Unternehmen haben. Das ist verschwendete Liebesmüh, rausgeschmissenes oder falsch gespartes Geld und zahlt weder auf die Marke noch auf sonst ein Kommunikationsziel ein!
Genauso problematisch: Auf dem Firmenblog inhaltlich ständig um das eigene Angebot kreisen statt darüber nachzudenken, was den Lesern nutzt oder weiterhilft oder wie man sich neue Interessentenkreise erschließen kann. Wer diese Ziele verfolgt, muss einfach größer denken. Um mit Content Marketing via Blog erfolgreich zu sein, drehen manche heute ein richtig großes Rad. Der Trend ist unübersehbar: Unternehmen werden selbst zu Verlegern. Und das noch nicht einmal mehr für die eigene Marke — jedenfalls nicht offensichtlich. Das zeigt der umstrittene Auftritt “Curved” von E‑Plus.
Ganz gleich, wie man zu Curved steht. Inbound gewinnt an Bedeutung — und das ist gut so. Denn das Potenzial für Unternehmen ist groß. Firmen, die über Budget verfügen und die Sache clever durchgerechnet haben, leisten sich opulente Online-Magazine, um ihre Kunden zu erreichen. Sie überdenken ihre horrenden Ausgaben bei Google & Co. und setzen stattdessen auf Profiredaktionen. Manche dieser Seiten weisen — sofern sie gut durchdacht und gemacht sind — eben weit über die Produkte oder Lösungen hinaus, die der Betreiber am Ende verkaufen möchte. Es sind Themenwelten und gr0ße Communities zugleich.
Profi-Redaktion statt Werbung auf Google & Co.
Ich habe das bei “Rock the Blog” am Beispiel Amex Open Forum beschrieben. Amex hat das Potenzial eines solchen Auftritts schon 2007 entdeckt und bietet im Open Forum Rat und Tat für Gründer und kleine Unternehmen an — in Form eines hochwertigen redaktionellen Angebots. Bannerwerbung für Kreditkarten wird der Leser auf der Seite kaum finden. Dennoch ist der Absender klar erkennbar, was den Auftritt übrigens von Curved unterscheidet. Der Aufwand scheint sich zu lohnen:
- In den USA ist Amex heute führender Anbieter von Kreditkarten für kleine Unternehmen
- Die Seite hat 1 Mio. Unique Visits im Monat
- 85 % des Traffics kommt über Organic auf die Seite
Mein Fazit bei “Rock the blog”: Für ein erfolgreiches Unternehmensblog braucht man Bodenhaftung — die Verbindung zur Marke darf und sollte erkennbar sein — UND Weitblick: Bitte beim Bloggen nicht an den eigenen Lösungen, Produkten und Features kleben — das interessiert auf Deutsch gesagt kein Schwein! Besser ein ganz großes Rad drehen und wirklich informative, nützliche Inhalte in Form einer Themenwelt anbieten — und so Kunden, Bewerber oder andere Zielgruppen für sich gewinnen.
P.S: Wer das zu aufwändig findet, kann immer noch auf den Allianz-Besuch inklusive Freibier setzen. 😉
[…] ist nur ein mutiger Auftritt, der Mut macht, beim Thema Content über den eigenen Horizont hinaus zu denken und die eigene Marke relevanter – und vor allem weniger öde – zu machen. Da geht die […]