Tausend mal gesagt — tausend mal nichts kapiert! Manchmal kommt mir der Jahrhundert-Ohrwurm von Klaus Lage in den Sinn, wenn ich über die Situation an der Content-Front in Unternehmen nachdenke.
Doch die Dinge ändern sich. Ein Blick über den großen Teich zeigt, dass aktuell immerhin 90 Prozent der B2B-Unternehmen irgendeine Form von Content Marketing betreiben. Im B2C sind es dagegen nur 75 Prozent (Quelle: B2B-Report des Content Marketing Institute, Trends 2016).
Wie effektiv ihr Content Marketing ist, wissen allerdings nur 55 Prozent der B2B-Marketiers. Eine dokumentierte Content-Marketing-Strategie haben nur 32 Prozent. Eine lokale Studie von PR Desk spricht hier von 33 Prozent — allerdings gilt das nur für große Unternehmen. Echte Fallstricke für den Erfolg der Disziplin, denn nur bei nachweisbaren Erfolgen wird weiter oder überhaupt in Content Marketing investiert.
Fehlende Strategie = Kein Budget
Hinter dieser weit verbreiteten Planlosigkeit steckt ein uraltes Problem: Es wird kommuniziert auf Teufel komm raus aber niemand weiß so genau, welche Ziele damit verfolgt und erreicht werden sollen. Kürzlich sagte ein erfahrener Marketing Manager tatsächlich zu mir: “Beim Wort Strategie bin ich immer vorsichtig”. Sehr verwunderlich! Denn die fehlende Strategie ist (neben der immer noch mangelnden Einsicht, dass es vorbei ist mit der einseitigen Beschallung von “Zielgruppen”) genau der Grund, warum viele Content Marketer ihre Daseinsberechtigung gegenüber Kampagnenleuten oder Sales nicht begründen können.
Stattdessen dürfen sie stets als Lückenbüßer zur Stelle sein, wenn mal wieder auf den letzten Drücker auffällt, dass irgendwo noch Texte fehlen. Ich bin überzeugt: Die meisten Content Marketer bestreiten ihren Arbeitsalltag mit der mühsamen und gehetzten Produktion von Inhalten, ohne überhaupt zu wissen, warum und wofür.
Dabei müssten gerade SIE jetzt die Stars im Marketing sein! Denn professionelle Kommunikation im Internet ist DAS Mittel, über das sich Unternehmen heute differenzieren müssen — und nicht über ihre mehr oder weniger austauschbaren Produkte, Services etc. Und weil der Kunde inzwischen selbst bestimmt wie, wo und wann er sich informiert, ist Content Marketing wohlmöglich der einzige Weg, im Kaufentscheidungsprozess überhaupt mit berücksichtigt zu werden.
B2B übernimmt Führungsrolle
Content Marketing funktioniert im B2B tendenziell besser, weil sich die Zielgruppen oder “Personas”, die erreicht werden sollen, leichter definieren lassen. Deshalb gehört es zu den wenigen Marketing-Trends, bei denen B2B in der Adaption vorangeht — zumindest laut B2B-Report des Content Marketing Institute.
Kein Wunder: 67 Prozent der B2B-Entscheider schauen sich bis zu fünf verschiedene Inhalte von Anbietern an, bevor sie überhaupt mit ihnen sprechen. Umso wichtiger ist es, dass sich die von Unternehmen angebotenenen Informationen mit ihren Erwartungen decken. Um das zu erreichen, sind statt operativer Hektik die richtigen Weichenstellungen nötig.
Sieben Erfolgsrezepte für wirkungsvolles Content Marketing
- Das übergeordnete Ziel festlegen. Grob gesagt gibt es drei Ziele: Mehr verkaufen, Kosten sparen oder glücklichere Kunden.
- Eine Story finden, die differenziert. Das bedeutet: NICHT über die eigenen Produkte oder Dienstleistungen sprechen, sondern konsequent die Sichtweise der Kunden einnehmen und überzeugenden Mehrwert bieten.
- Mut zur Nische zeigen: Wie kann ich als Unternehmen Informationsanbieter Nummer Eins in einem ganz bestimmten Themenbereich werden und so eine Community von potenziellen Kunden um mich herum aufbauen und an mich binden? Dann sie werden früher oder später bei mir kaufen. Joe Pulizzi vom Content Marketing Institute nennt diesen Ansatz “Cut through the clutter”. Amex macht mit seinem Open Forum seit Jahren konsequent vor, wie das geht.
- Stellung beziehen: Content für alle ist Content für niemanden. Persönlichkeit, Haltung und Meinung sind im Content Marketing gefragt, weil sie der Differenzierung und Glaubwürdigkeit dienen — gerade Corporate Blogs bieten dafür eine ideale Plattform.
- Auf EINEN Kanal (und nicht 15 auf einmal) konzentrieren: Ob Website, Unternehmensblog oder Youtube — zunächst die Entscheidung für einen Kanal treffen und diesen dann konsequent mit Top-Content bespielen.
- Langen Atem mitbringen: Content Marketing ist eine Marathon-Disziplin, in der es um regelmäßiges Publishing geht. Jedes Medium weiß, dass Zeit vergeht, bis ein Publikum aufgebaut ist. Im Content Marketing dauert mindestens 12 Monate, bis aussagekräftige Effekte eintreten. Deshalb ist ein entsprechendes Erwartungsmanagement gegenüber Marketing-Entscheidern empfehlenswert, um nicht nach wenigen Monaten wieder ohne Budget dazustehen.
- Erst ein Fundament bauen, dann diversifizieren: Auch wenn die Versuchungen in der digitalen Kommunikation groß sind: Neue Kanäle erst starten, wenn eine solide Community auf dem Content Hub der Wahl aufgebaut ist.
Fazit: Mit der Gießkanne kommen Unternehmen im Content Marketing nicht weit. Sie brauchen, wie in allen anderen Kommunikationsdisziplinen auch, den Mut zur Differenzierung und Zuspitzung — inhaltlich und auch in der Auswahl der Kanäle. Das setzt den Willen voraus, sich über die eigene Positionierung und Ziele klar zu werden und diese dann konsequent und langfristig in Inhalte umzusetzen, die bei der Zielgruppe ankommen.
Das Ende vom Lied heißt dann: Und es hat Boom gemacht! 🙂