Corporate Blogs sind tot? Kommt mir sehr bekannt vor. Dieses Mal hat die Kollegin Daniela Sprung das Thema wieder auf die Tagesordnung gebracht. Einige Reaktionen aus der Content Community haben mich überrascht. Falk Hedemann etwa konstatierte:„Sag nie, es ist ein Blog!“ Der Begriff habe sich abgenutzt. Heute nenne man das besser „Magazin“. Jemand anders schlug gar „contentgetriebene Website“ als Ersatz für Unternehmensblogs vor.
Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von giphy.com zu laden.
Im Ernst? Ich höre mich schon im Kundengespräch: Bauen Sie doch eine „contentgetriebene Website“ auf. Haben wir Blogprofis und ‑berater uns jahrelang für Unternehmensblogs stark gemacht, um jetzt festzustellen, dass das wohl keine so coole Sache war? Für meine Beratungspraxis unterschreibe ich das nicht.
Blogs sind wie Magazine sind wie Blogs?
Die folgende Frage beschäftigt mich am meisten: Sind die Begriffe wirklich einerlei? Sind Unternehmensblogs tatsächlich austauschbar mit anderen „Content-Plattformen“ wie Online-Magazinen? Wenn das so wäre, dann könnten wir die Magazine umgekehrt ja auch alle Blogs nennen! Für mich ist das Label Unternehmensblogs nicht beliebig. Natürlich haben Blogs eine Reihe von Eigenschaften, die sie auf jeden Fall von anderen Content-Marketing-Auftritten unterscheiden.
1.Dialogangebot: Ein klares Unterscheidungsmerkmal von Unternehmensblogs ist und bleibt weiterhin die Einladung an die Leser zum Dialog. Mit den bunten Sharebuttons ist es nicht getan. Es braucht vor allem eine moderierte Kommentarfunktion. Mit „moderiert“ meine ich: Das Unternehmen begrüßt Kommentare, nimmt sie wahr und geht auch auf das Feedback ein. Damit überhaupt Leserkommentare kommen, muss es ein inhaltliches Angebot geben, das zur Diskussion und zum Austausch anregt.
Dazu gehört der Mut, eine Meinung zu haben und diese authentisch zu vermitteln. Und dazu wiederum gehört eine Redaktion, die ihre Arbeit nicht dann beendet, wenn ein Beitrag online gegangen ist. Wer die Kommentarfunktion abschaltet, weil „ja sowieso nie einer kommentiert“ oder „weil uns das zu riskant ist“ oder „weil wir keine Zeit für so etwas haben“, der sollte es wirklich besser mit einer „Content-Plattform“ versuchen.
Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von giphy.com zu laden.
2. Expertise aus dem Haus: Insbesondere erfolgreiche B2B-Blogs binden die Mitarbeiter mit ein, um fundiertes fachliches Know-how auf ihr Blog zu bringen. Aus eigener Erfahrung weiß ich: Das ist kein einfacher Weg, aber letztlich lohnt sich der Einsatz. Denn die Expertise der Kollegen kann kein noch so versierter externer Autor ersetzen. Das gilt übrigens auch für die Authentizität, die bloggende Mitarbeiter auf einem Blog ermöglichen.
Die Voraussetzungen für den Erfolg: ein langer Atem, feste Blog-Verantwortliche, der Aufbau von internen redaktionellen Prozessen, Schreibschulungen, thematisches Coaching etc. Ich habe nichts gegen externe Profischreiber oder auch Gastautoren wie Blogger einzuwenden. Wenn allerdings der xte eingekaufte Hochglanzbeitrag über „Digitalisierung“ online gegangen ist, wird auch der letzte Leser merken: Das ist alles eine beliebige Sauce und hier finde ich nicht das, wonach ich suche.
3. Mitarbeiter als Markenbotschafter: Wer sich wie ich schon seit vielen Jahren mit dem Aufbau und dem Management von Corporate Blogs befasst, weiß: Viele Blog-Redaktionen binden Autoren aus dem Unternehmen ein. Schließlich ist es vorbei mit der One-Voice-Politik früherer Zeiten. Der Effekt: Die Kollegen werden im Netz sichtbar. Mit dem Publizieren von Inhalten rund um das Unternehmen, bei dem sie arbeiten, entwickeln sie sich zu Markenbotschaftern.
Die neuesten Entwicklungen hin zum sogenannten „Employee Marketing“ dürften diesem Ansatz einen frischen Rückenwind geben. Ich selbst werde in einigen Wochen einen Workshop zum Thema „How to be an influencer“ in einem großen Konzern leiten. Selbstverständlich kommt dabei das Unternehmensblog an prominenter Stelle vor.
Relevanter Content: Unverzichtbar, doch nicht zwingend ein Alleinstellungsmerkmal
Egal, auf welche Art von Content wir im Netz stoßen: Wir nehmen die Inhalte im Zweifelsfall nur wahr, wenn sie für uns relevant sind. Ob Texte, Bilder, Videos oder Podcasts: Wenn wir draufklicken, müssen sie das einhalten, was sie uns versprechen. Wenn die Inhalte darüber hinaus auch noch gut gemacht und unterhaltsam sind – umso besser. Dieser Anspruch wird an Blogs oder Online-Magazine sowie darüber hinaus an jede Kommunikationsmaßnahme gestellt, die Unternehmen starten. Insofern gelten die Grundregeln der Kommunikation, die ich für das Upload Magazin beschrieben habe, nicht nur für Unternehmensblogs.
Unternehmensblogs: Unterschätzt und kleingeredet
Noch eines: Selbstverständlich verändern sich Corporate Blogs. Da hat Daniela Sprung völlig recht. Da ist zum Beispiel der Trend zur Multimedialität. Bei der Redaktionsplanung ist es heute unverzichtbar, Elemente wie Infografiken, Bildelemente oder Videos von vornherein mit einzuplanen, um unterschiedliche Nutzererwartungen und ‑gewohnheiten zu bedienen.
Zudem sollten Blogs gerade im B2B Marketing noch viel stärker in die „Customer Journey“ integriert werden. Aber Vorsicht Falle! Blogs sind keine schnellen Leadgenerierungsmaschinen. Aus diesem Missverständnis heraus entsteht nämlich meiner Erfahrung nach oft die große Enttäuschung über die vermeintlich schlechte Performance von Unternehmensblogs.
Damit wird ihr Potenzial leider kleingeredet. Denn gut gemachte Unternehmensblogs haben viel mehr auf dem Kasten. Sie leisten hervorragende Dienste als erster Berührungspunkt mit einer Marke, beim Agenda Setting und beim Storytelling. Sie können entscheidend dazu beitragen, eine Marke erlebbar und greifbar zu machen und damit der Beginn einer langen und guten Kundenbeziehung markieren. Das beweisen übrigens Urgesteine wie das Daimler Blog, das gerade sein zehnjähriges Bestehen feiert. Herzlichen Glückwunsch!
Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von giphy.com zu laden.
Ivana says
Liebe Meike,
vielen Dank für diesen Beitrag! Du hast mir aus der Seele geschrieben. 🙂
Besonder gut finde ich, dass du die Besonderheit des Blogs herausgearbeitet hast und das ist wahrlich nichts, wofür man sich schämen sollte.
Welches Feedback bekommst du denn von deinen Kunden?
Ich werde auf alle Fälle auch in meiner weiteren Arbeit beim Begriff Blog bleiben.
Liebe Grüße aus Wien,
Ivana
Falk Hedemann says
Ich würde mir ja immer noch wünschen, Du hättest meine Anmerkung nicht aus dem Zusammenhang gerissen, zumal der Zusammenhang auch nicht eingesehen werden kann. So sieht es so aus, als wäre ich ein Gegner von Corporate Blogs oder würde sie zumindest „klein reden“.
Das ist natürlich nicht der Fall, dafür arbeite ich viel zu oft und zu gerne an solchen Kommunikationsprojekten. Mir geht es viel mehr darum, unsere Wunschvorstellung mit der Realität abzugleichen. Wenn unser Wording in den Unternehmen nicht vermittelbar ist, und das habe ich bereits mehrfach in der Praxis erlebt, dann nenne ich es lieber Magazin, mit der gleichen Strategie dahinter, als gar keine eigene Content-Plattform zu haben. Da bin ich einfach nicht dogmatisch, sondern pragmatisch. Mir geht es um die Strategie, das Konzept und die Umsetzung und nicht um die Bezeichnung!
Das nur zur Einordnung des aus meiner Sicht etwas verunglücktem Zitats, das ich so nicht stehen lassen wollte.